Israels Luftwaffe hat bei den bislang schwersten Angriffen seit Inkrafttreten der Waffenruhe mit der schiitischen Hisbollah-Miliz vor rund einer Woche zahlreiche Ziele im Libanon bombardiert. Laut Libanons Gesundheitsministeriums wurden dabei mindestens neun Menschen getötet. Derweil drohte der designierte US-Präsident Donald Trump dem Hisbollah-Verbündeten Hamas im umkämpften Gazastreifen mit der „Hölle“, sollten die israelischen Gefangenen nicht vor seinem Amtsantritt freikommen.
Trump setzt Hamas Ultimatum
Wenn die Gefangenen nicht vor dem 20. Januar freigelassen würden, werde für jene, die im Nahen Osten für die Gräueltaten verantwortlich seien, die „Hölle los sein“, schrieb Trump auf der von ihm mitbegründeten Plattform Truth Social. „Diejenigen, die dafür verantwortlich sind, werden härter getroffen werden, als irgendjemand in der langen und geschichtsträchtigen Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika jemals getroffen wurde.“ In Großbuchstaben fügte Trump hinzu: „Lasst die Geiseln jetzt frei“. Was genau er im Falle einer Nichteinhaltung seines Ultimatums unternehmen würde, blieb zunächst unklar.
Beim Vergeltungsschlag der Hamas am 7. Oktober vergangenen Jahres in den von Israel besetzten Gebieten waren rund 250 Israelis gefangen genommen worden. Einige davon kamen im Rahmen von Verhandlungen frei, andere wurden bei Angriffen Israels oder nach bisher ungeklärten Vorfällen getötet. Unter ihnen sind mehrere Menschen, die neben der israelischen auch etwa über die deutsche oder die US-amerikanische Staatsbürgerschaft verfügen.
Nach US-Angaben laufen derzeit erneut Bemühungen der Vermittlerstaaten um eine Waffenruhe in dem abgeriegelten Küstengebiet und die Freilassung der übrigen Israelis in Gaza.
USA: Verstöße gegen Waffenruhe nicht überbewerten
Die USA als Israels wichtigster Verbündeter warnten unterdessen davor, Verstöße gegen die nach mehr als einem Jahr gegenseitiger Angriffe mühsam ausgehandelte Waffenruhe zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah überzubewerten. „Wenn man eine Waffenruhe hat, gibt es natürlich Verletzungen“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte fast zeitgleich eine „kraftvolle“ militärische Antwort auf einen Angriff der Miliz auf Nordisrael angekündigt, der eine schwerwiegende Verletzung der Waffenruhe darstelle.
Die israelische Luftwaffe griff daraufhin nach Angaben des Militärs Kämpfer, Dutzende Abschussrampen sowie weitere Anlagen der Hisbollah an. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. In der südlichen Stadt Haris meldete das libanesische Gesundheitsministerium fünf Tote und einen Verletzten. Im Ort Talusah, rund vier Kilometer von der Demarkationslinie entfernt, waren es demnach vier Tote und zwei Verletzte.
Libanons Parlamentspräsident macht Israel Vorwürfe
Die Hisbollah und Israels Militär werfen sich immer wieder gegenseitig Verstöße gegen die Waffenruhe vor. Libanons Parlamentspräsident Nabih Berri bezichtigte Israel Dutzender Verstöße dagegen. In einer im Fernsehen übertragenen Rede sprach er von „aggressiven Aktionen der israelischen Besatzungstruppen“, die Häuser in libanesischen Grenzdörfern mit Bulldozern zerstörten, sowie mehreren Luftangriffen. Vonseiten des israelischen Militärs hieß es wiederum, die Akteure im Libanon müssten die „feindlichen Aktivitäten“ der Hisbollah unterbinden. Israel stehe weiter zu seiner Verpflichtung, die Bestimmungen der Vereinbarung über die Waffenruhe zu erfüllen, hieß es.
Die Armee griff bereits wiederholt Orte aus der Luft und am Boden im Libanon an. Israel sprach von Reaktionen auf vermeintliche Verstöße gegen die Bestimmungen der Waffenruhe durch die Hisbollah-Miliz. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Miller, beharrte jedoch darauf, dass die Waffenruhe erfolgreich sei. Die Kämpfe seien weitgehend gestoppt worden. Zugleich betonte Miller, die USA wollten nicht, dass die Waffenruhe zusammenbreche.
Die Einigung sieht unter anderem vor, dass sich die Hisbollah-Miliz gemäß einer UN-Resolution hinter den Litani-Fluss etwa 30 Kilometer nördlich der israelisch-libanesischen Grenze zurückzieht. Die libanesische Armee soll darüber wachen, dass dieser Teil der Vereinbarung eingehalten wird. Israels Bodentruppen sollen wiederum innerhalb von 60 Tagen schrittweise aus dem Libanon abziehen.