Assad tritt vierte Amtszeit an - Armee greift Norden Syriens an
Syriens Machthaber Assad hat seine vierte Amtszeit angetreten. Die Kämpfe im Bürgerkriegsland dauern derweil noch an. Laut Aktivisten hat die Armee des Regimes zeitgleich den Norden Syriens angegriffen und dabei zahlreiche Zivilisten getötet.
17.07.2021 - Syrien, Sarja: Mitglieder des syrischen Zivilschutzes, bekannt als Weißhelme, trauern um einen Freiwilligen, der bei einem Rettungseinsatz von Verwundeten im Dorf Sarja getötet wurde. Das Dorf war Ziel eines Raketenangriffs, der angeblich von Kräften der syrischen Regierung durchgeführt wurde. (DPA)

Im kriegsgeschundenen Syrien hat der wiedergewählte Machthaber Baschar al-Assad seine vierte Amtszeit angetreten. Vor 600 Gästen legte der 55-Jährige am Samstag in der Hauptstadt Damaskus den Amtseid ab. Zeitgleich gingen die Regierungstruppen im Norden des Landes gegen letzte Rückzugsorte von Aufständischen vor. Laut Aktivisten wurden bei Raketenangriffen zahlreiche Zivilisten getötet, darunter Frauen, Kinder und Rettungshelfer.

In seiner Antrittsrede sagte Assad, bei der Präsidentschaftswahl vom 26. Mai habe das syrische Volk die Legitimität des Staates unter Beweis gestellt und die Kritik des Westens in die Schranken gewiesen. Die USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien hatten die Wahl als „weder frei noch fair“ bezeichnet. Die Opposition in dem Bürgerkriegsland sprach von einer „Farce“.

Assad herrscht in Syrien seit dem Jahr 2000; er war praktisch konkurrenzlos in die Wahl gegangen. Politiker der Exil-Opposition waren von einer Kandidatur ausgeschlossen, Assads Herausforderer waren kaum bekannt und nur wenigen Syrern ein Begriff.

Die diesjährige Präsidentschaftswahl war die zweite seit dem Beginn des Bürgerkriegs in Syrien 2011, in dessen Verlauf fast 390.000 Menschen getötet und Millionen weitere vertrieben wurden. Im Wahlkampf präsentierte sich Assad als einzig befähigter Architekt für den Wiederaufbau des Landes.

Assad-Armee greift Aufständische im Norden an

Zeitgleich mit dem Amtseid in Damaskus ging das Regime im Norden des Landes gegen Aufständische vor. Bei Raketenangriffen wurden nach Angaben von Aktivisten 13 Zivilisten getötet.

Vier Frauen und drei Kinder starben Samstagabend in der Ortschaft Ihsim, wie die in Großbritannien ansässige syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete. Zunächst war von fünf toten Zivilisten in Ihsim die Rede gewesen.

Ein AFP-Fotograf vor Ort beobachtete, wie Rettungskräfte die Leiche einer Frau aus den Trümmern eines zerstörten Hauses bargen. Ein Verwandter der Toten sagte, dass Bekannte zu Besuch gekommen waren, um einem Familienmitglied zur Hochzeit zu gratulieren, als sich der Angriff ereignete.

Angriffe bereits vor der Zeremonie

Kurz vor der Zeremonie in Damaskus hatten Regime-Truppen nach Angaben der Beobachtungsstelle bereits Raketen auf das Dorf Sarja südöstlich von Ihsim abgefeuert. Dort starben demnach sechs Menschen, darunter drei Kinder und ein Rettungshelfer.

Die Beobachtungsstelle stützt sich auf ein Netz von Aktivisten vor Ort. Von unabhängiger Seite können ihre Angaben oft kaum überprüft werden.

Die Provinz Idlib ist die letzte bedeutende Bastion oppositioneller Kräfte in Syrien.
Trotz einer im März 2020 vereinbarten Waffenruhe kommt es in Idlib immer wieder zu Kämpfen und Artilleriefeuer. Assad hatte zuletzt angekündigt, die letzten Gebiete, die nicht unter Kontrolle der Regierungstruppen stehen, „befreien“ zu wollen.

Der Assad-Clan herrscht in Syrien bereits seit mehr als 50 Jahren. In einem Militärputsch gelangte im November 1970 Hafis al-Assad an die Macht, nach seinem Tod 2000 übernahm sein Sohn Baschar das höchste Staatsamt.

AFP