Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist im Fall des abgesetzten BSI-Präsidenten Arne Schönbohm zum Gegenangriff übergegangen. An die Adresse der Unionsfraktion sagte die SPD-Politikerin, die Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Hessen ist, am Donnerstag im Bundestag: „Bleiben Sie bei den Fakten und überlassen Sie es doch der CDU in Hessen, Wahlkampf zu machen!“ Faeser warf den CDU/CSU-Abgeordneten vor, sie „mit Dreck zu bewerfen“. Eine Nachfrage der Union dazu ließ die Ministerin, die mit ihrer Rede die Bundestagsdebatte zum Etat ihres Ressorts für 2024 eröffnete, nicht zu.
Faeser war vorgeworfen worden, den früheren Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) im vergangenen Herbst vorschnell von seinen Aufgaben entbunden zu haben. Zuvor hatte damals die Satiresendung „ZDF Magazin Royale“ von Jan Böhmermann eine große Nähe Schönbohms zu einem Verein thematisiert, der wegen angeblicher Kontakte zu russischen Geheimdiensten in die Kritik geraten war. Es war aber kein Disziplinarverfahren eröffnet worden: Das Ministerium habe Schönbohms Anwälten mitgeteilt, dass die Voruntersuchungen keine Anhaltspunkte für die Einleitung eines Verfahrens gebracht hätten, hatte im Mai das Portal „Business Insider“ berichtet. Eine Ministeriumssprecherin hatte daraufhin erklärt, ihr Haus könne sich zu Personalien „grundsätzlich nicht äußern“.
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), sagte, Faeser hätte diese Woche im Innenausschuss zu dem Verdacht Rede und Antwort stehen müssen, sie habe den Verfassungsschutz instrumentalisiert, um ihr Agieren in der Causa Schönbohm zu rechtfertigen. Dass sie dies nicht getan habe, sei eine Missachtung des Parlaments, sagte der CDU-Abgeordnete Christoph de Vries.
Faeser betonte ihrerseits: „Es gab von mir keinerlei nachrichtendienstliche Abfragen.“ Entsprechende Äußerungen ihrer politischen Gegner seien „völliger Unsinn“. Sie habe das BSI angesichts der gestiegenen Bedrohung gestärkt. Mit Claudia Plattner stehe inzwischen eine international renommierte Experten an der Spitze der Behörde. Faeser forderte die Bundestagsabgeordneten von CDU/CSU auf, mit dem „Theaterdonner“ aufzuhören und den Wahlkampf der CDU in Hessen zu überlassen.
CSU-Generalsekretär Huber wirft Faeser Missachtung des Parlaments vor
„Anstatt die Vorwürfe aufzuklären, missachtet Nancy Faeser mit an den Haaren herbeigezogen Begründungen das gesamte Parlament“, sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber der Deutschen Presse-Agentur.
Faeser gebe sich noch nicht einmal Mühe, sich glaubwürdige Ausreden zu überlegen. „Das zeigt deutlich ihre ganze Verachtung gegenüber dem Parlament. Dieses Verhalten ist unwürdig.“ Faeser sei als Ministerin vollkommen überfordert. „So jemand kann kein Bundesland regieren“, sagte der CSU-Generalsekretär über Faeser, die Spitzenkandidatin der Hessen-SPD für die Landtagswahl am 8. Oktober ist.
Bei der von der Union beantragten Sondersitzung sollte es laut „Welt“ um die Frage gehen, ob Faeser Informationen des Verfassungsschutzes genutzt hat, um Schönbohm abzuberufen. „Der Verfassungsschutz soll unser Land schützen und nicht der Innenministerin unliebsame Beamte vom Hals schaffen“, sagte dazu CSU-Generalsekretär Huber. Die SPD weist den Vorwurf, dass der Inlandsgeheimdienst instrumentalisiert worden sei, strikt zurück.
Auch aus den Reihen der Koalitionspartner ist vereinzelt Kritik zu hören. Vor allem, als Faeser am Donnerstag zum zweiten Mal innerhalb einer Woche nicht persönlich zu einer Sitzung des Innenausschusses zu dem Thema erscheint.