„Schlamperei“-Vorwürfe: Biontech-Aktie bricht um fast 20 Prozent ein
Die Biontech-Aktie ist am Freitag um fast 20 Prozent eingebrochen und hat damit mehr als neun Milliarden Euro an Börsenwert verloren. Hintergrund: Ein US-Prüfunternehmen soll bei seinen Studien zum Biontech/Pfizer-Impfstoff geschlampt haben.
Nach Schlamperei-Vorwürfen gegen ein Unternehmen, das Studien zum Corona-Impfstoff durchführen sollte, bricht die: Biontech-Aktie um fast 20 Prozent ein (DPA)

Die Aktie des Impfstoff-Hersteller Biontech bricht ein. Nach schweren Vorwürfen, die allerdings nicht das Unternehmen direkt betreffen, gab die Aktie allein am Freitag Medienberichten zufolge um rund 20 Prozent nach. Der Konzern verlor damit mehr als neun Milliarden Euro an Börsenwert – das ist mehr als der Marktwert der Lufthansa.

Hintergrund des Absturzes sind schwere Vorwürfe gegen eine US-Firma, die mit klinischen Studien zum Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer beauftragt war. Wie die renommierte Fachzeitschrift „British Medical Journal“ (BMJ) am Mittwoch unter Berufung auf eine Ex-Mitarbeiterin des Unternehmens Ventavia berichtete, soll das Unternehmen aus dem US-Bundesstaat Texas bei Studien zum Vakzin von Biontech/Pfizer Daten gefälscht und bei der Nachverfolgung von Nebenwirkungen geschlampt haben.

Kurzzeit-Mitarbeiterin tritt als „Whistleblowerin“ auf

Der „BMJ“-Bericht basiert größtenteils auf Aussagen der früheren Ventavia-Mitarbeiterin Brook Jackson, die zwei Wochen lang an den klinischen Studien des Unternehmens zu dem Corona-Impfstoff beteiligt war, bevor sie entlassen wurde. Jackson wirft Ventavia demnach unter anderem vor, das sogenannte Doppelblind-Verfahren nicht eingehalten zu haben. Bei diesem Verfahren wird sichergestellt, dass weder der Patient noch das medizinische Personal wissen, ob ein wirksames Medikament oder ein Placebo verabreicht wird. Dies soll eine möglichst objektive Bewertung der Studienergebnisse ermöglichen. Laut Jackson verstieß Ventavia auch in weiteren Punkten gegen Vorschriften, etwa bei der korrekten Lagerung des Impfstoffs. Dem „BMJ“ sagte sie, sie habe die US-Arzneimittelbehörde FDA über die Verstöße informiert. Die FDA wollte den Vorgang nicht kommentieren. Die Behörde erklärte jedoch, sie habe „volles Vertrauen“ in die Daten, die zur Zulassung des Corona-Impfstoffs von Biontech/Pfizer geführt hätten.

Viel Lärm um nichts? Bei der klinischen Testung des Corona-Impfstoffs von Biontech/Pfizer spielte Ventavia nur eine kleine Rolle. Das texanische Unternehmen untersuchte die Wirkung des Impfstoffs an tausend Testpersonen. Weltweit nahmen jedoch 44.000 Probanden an klinischen Studien mit dem Vakzin teil. Weder Pfizer noch Ventavia reagierten zunächst auf Medienanfragen. Nach Angaben einer anonymen Quelle in dem „BMJ“-Artikel hatte Pfizer selbst eine Überprüfung von Ventavia eingeleitet, nachdem der Konzern über „Probleme“ bei den Studien informiert worden sei. Der Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer war Ende Dezember 2020 in der Europäischen Union zugelassen worden. In den USA wurde bereits einige Tage zuvor eine Notfallzulassung für das Vakzin erteilt. Seit August 2021 besitzt der Impfstoff des Unternehmens in den USA auch eine Vollzulassung.

AFP