Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat im Rahmen des Ermittlungskomplexes „Chatgruppen“ Anklage gegen weitere fünf Polizisten des 1. Reviers in Frankfurt am Main erhoben. Auch die Lebensgefährtin eines Beamten ist angeklagt, wie die Behörde am Montag mitteilte.
Wie die Deutsche Presse Agentur berichtet, werden vier Männer und zwei Frauen aus Ludwigshafen, Frankfurt und Darmstadt im Alter von 31 bis 37 Jahren beschuldigt.
Ihnen werde demnach das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung, Gewaltdarstellung, Beschimpfung von religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnissen und Besitz sowie Verbreitung pornografischer Schriften vorgeworfen.
Rassistische und menschenverachtende Inhalte in Chatgruppen geteilt
Vier der Beamten sollen laut Staatsanwaltschaft zuletzt im Dienstrang eines Polizeioberkommissars, einer als Polizeikommissar tätig gewesen sein. Die Beamten seien derzeit vom Dienst befreit.
Den Ermittlungen zufolge sollen die Beschuldigten Teilnehmer einer im Oktober 2014 gegründeten Chatgruppe gewesen sein. Dort seien in der in erster Linie rechtsextremistische, rassistische, antisemitische und menschenverachtende Inhalte in Form von Bild- und Videosequenzen geteilt worden. Darüber hinaus sollen sie in unterschiedlichen Konstellationen auch in weiteren Chatgruppen aktiv gewesen sein.
Von Oktober 2014 bis Oktober 2018 sollen sie in insgesamt 102 Fällen überwiegend Inhalte mit Darstellungen von Adolf Hitler, Hakenkreuzen und weiteren nationalsozialistischen Symbolen sowie Verharmlosungen des Holocausts in die verschiedenen Chatgruppen eingestellt haben.
Laut Staatsanwaltschaft seien Minderheiten, insbesondere Menschen mit Behinderungen, Migrationshintergrund und dunkler Hautfarbe sowie Homosexuelle, Juden und Muslime, verächtlich gemacht und verleumdet worden. Zudem sollen die Beschuldigten pornografische und gewaltverherrlichende Inhalte in der Gruppe geteilt haben, heißt es in der Pressemitteilung.
Anonymes NSU-Drohschreiben
Die Ermittlungen waren den Angaben zufolge im August 2018 eingeleitet worden, nachdem die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız per Fax ein anonymes Drohschreiben erhalten hatte.
Das Schreiben war mit „NSU 2.0“ unterzeichnet, in Anspielung auf die rechtsextreme Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Die in der Folge durchgeführten Untersuchungen ergaben, dass kurz vor dem Versand des Drohschreibens an Başay-Yıldız deren Einwohnermeldedaten von einem Dienstrechner aus dem 1. Revier abgefragt worden waren. Eine der nun Angeklagten ist der Staatsanwaltschaft zufolge eine Polizeioberkommissarin, die zum Abfragezeitpunkt mit ihren Zugangsdaten eingeloggt war.
Die Todesdrohungen gegen Başay-Yıldız waren der Auftakt einer Serie von weiteren Drohschreiben. Besonders häufig betroffen und heftigen Beleidigungen sowie Drohungen ausgesetzt waren Frauen, die öffentlich engagiert und erfolgreich sind. In diesem Zusammenhang muss sich seit Februar ein 54-Jähriger aus Berlin vor dem Frankfurter Landgericht verantworten. Ihm werden unter anderem Beleidigung in 67 Fällen, versuchte Nötigung und Bedrohung vorgeworfen.
Ermittlungen gegen sechs Polizisten in Südhessen
Erst vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Darmstadt wegen Beleidigung und Körperverletzung gegen sechs Beamte eines Kommissariats beim Polizeipräsidium Südhessen ermittelt. Dabei soll auch eine Chatgruppe eine Rolle gespielt haben.
Bereits in der Vergangenheit hatten in Hessen Chatgruppen von Polizisten für Schlagzeilen gesorgt. So waren mehrfach Fälle bekanntgeworden, in denen rechtsextreme, rassistische und sexistische Inhalte ausgetauscht worden waren.