Auch der zweite Tag des Berufungsprozesses gegen den Vater des Hanauer Attentäters wegen Beleidigungsvorwürfen hat mit teils heftigen Vorwürfen des Angeklagten gegen die Vorsitzende Richterin begonnen. So forderte der 75-Jährige Kopien von Schriftstücken, als die Richterin diese in die Verhandlung einführen wollte. Als sie erklärte, dass der Angeklagte die Schriftstücke in Augenschein nehmen könne, aber keine eigenen Kopien erhalte und diese seinem Anwalt vorlägen, rief der Mann aufgebracht: „Ich lehne Sie hiermit wegen der Besorgnis der Befangenheit ab“. Er berief sich auf sein Recht auf ein faires Verfahren. Bereits zu Prozessbeginn habe ihn die Vorsitzende wie einen „Hund“ des Saales verwiesen, so der Angeklagte. Sein Befangenheitsantrag wurde später als unzulässig abgelehnt. Der Mann ist der Vater des 43-jährigen deutschen Rechtsterroristen, der am 19. Februar 2020 in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen hatte. Sein Vater soll unter anderem in einer Strafanzeige Menschen, die an einer Demonstration in der Nähe seines Wohnhauses teilgenommen hatten - darunter auch Angehörige der Anschlagsopfer - als „wilde Fremde“ bezeichnet haben.
Angeklagter war zu Geldstrafe verurteilt worden
Zudem wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor, ein Spezialeinsatzkommando, das in der Tatnacht in seinem Haus eingesetzt war, als „Terrorkommando“ beziehungsweise „Terroreinheit“ bezeichnet und den Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) unter anderem der „Wählertäuschung“ bezichtigt zu haben.
Vor knapp einem Jahr war der Mann deshalb vom Amtsgericht Hanau wegen Beleidigung in drei Fällen zu einer Geldstrafe von 5400 Euro verurteilt worden. Dagegen legten sowohl er als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein, so dass das Verfahren in die nächste Instanz ging.
Am zweiten Verhandlungstag verlas die Vorsitzende Richterin mehrere Schreiben, darunter eines des Polizeipräsidiums Frankfurt, in dem der Einsatz an der Wohnadresse des Mannes in der Nacht des Anschlags geschildert wurde. Demnach reagierte der Mann unter anderem auf Aufforderungen der Polizei nicht.