Polizeigesetz in Mecklenburg-Vorpommern teilweise verfassungswidrig
Heimliche Bild- oder Tonaufzeichnungen und andere Maßnahmen: 2020 beschloss Mecklenburg-Vorpommern ein umstrittenes Polizeigesetz. Das Bundesverfassungsgericht setzt der Polizei nun Grenzen: Mehrere Vorschriften des Gesetzes sind verfassungswidrig.
25.11.2022, Mecklenburg-Vorpommern, Güstrow: Das Polizei Wappen von Mecklenburg-Vorpommern ist bei der Vereidigung von 223 Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern der Polizei Mecklenburg-Vorpommern zu sehen. / Photo: DPA (DPA)

Das im Jahr 2020 beschlossene neue Polizeigesetz Mecklenburg-Vorpommerns ist teilweise verfassungswidrig. Mehrere Vorschriften zu heimlichen Überwachungsmaßnahmen durch die Polizei seien nicht genau genug und genügten den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit nicht, erklärte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Mittwoch. Der Gesetzgeber müsse nun nachbessern. (Az. 1 BvR 1345/21)

Die Gesetzesreform war von Anfang an umstritten, Datenschützer befürchteten Grundrechtsverstöße. Die Verfassungsbeschwerde wandte sich gegen Regelungen, die der vorbeugenden Abwehr von Gefahren dienen sollen - etwa heimliche Bild- oder Tonaufzeichnungen, Onlinedurchsuchungen, die Überwachung von Telekommunikation oder der Einsatz von verdeckten Ermittlern.

Das Gericht beanstandete nun, dass die abzuwehrende Gefahr in den Vorschriften nicht konkret genug definiert sei. Einige der vorgesehenen Maßnahmen könnten durchaus gerechtfertigt sein, erklärte es. In ihrer aktuellen Form seien sie aber teils unvereinbar mit dem Grundgesetz. Dieses sieht beispielsweise für die Überwachung von Wohnungen strenge Voraussetzungen vor. Überarbeitung bis Jahresende erforderlich

Die meisten der beanstandeten Regelungen in Mecklenburg-Vorpommern bleiben dennoch vorläufig eingeschränkt in Kraft. Sie müssen aber bis Ende des Jahres überarbeitet werden.

An das Bundesverfassungsgericht gewandt hatten sich fünf Menschen, die aktuell in Mecklenburg-Vorpommern leben oder enge Kontakte dahin haben. Darunter waren eine Anwältin, ein Journalist, eine Klimaaktivistin und zwei Fußballfans. Unterstützt wurde ihre Verfassungsbeschwerde von dem Bündnis „Sogenannte Sicherheit“ und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). „Erfolg für die Freiheitsrechte“

Deren Verfahrenskoordinator David Werdermann sprach nach der Karlsruher Entscheidung von einem „Erfolg für die Freiheitsrechte“, der „über Mecklenburg-Vorpommern hinaus Auswirkungen haben“ werde. Die GFF unterstützt mehrere ähnliche Verfassungsbeschwerden in unterschiedlichen Bundesländern.

Eine von ihnen gegen das Polizeigesetz in Baden-Württemberg wurde 2021 als unzulässig zurückgewiesen. Dabei ging es vor allem um den Einsatz von sogenannten Staatstrojanern, Überwachungssoftware auf digitalen Geräten von Verdächtigen, unter Ausnutzung von IT-Sicherheitslücken.

Obwohl die Verfassungsbeschwerde damals keinen Erfolg hatte, wiesen die Karlsruher Richterinnen und Richter darauf hin, dass es bei solchen Sicherheitslücken auch eine staatliche Schutzpflicht gebe.

AFP