Gemeinsam mit Kollegen aus Großbritannien und Frankreich versuchen deutsche Polizisten, Schleusern das Handwerk zu legen, die in Deutschland Schlauchboote und Außenbordmotoren für den Transport von Flüchtlingen beschaffen. Der Bundespolizei liegen Erkenntnisse vor, wonach für die „Bootsschleusungen von Frankreich nach Großbritannien auch in Deutschland erworbene Schlauchboote, Bootsmotoren sowie Rettungswesten zum Einsatz kommen“, teilte die Bundespolizei auf Anfrage mit. Bei einem Anfang des Jahres angelaufenen britisch-deutschen Projekt gehe es darum, weitere Erkenntnisse über Lieferketten und Vertriebswege von Schlauchbooten zu gewinnen, welche insbesondere für Schleusungen von Frankreich nach Großbritannien verwendet würden, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der Abgeordneten Clara Bünger (Linke).
Bis zu 90 Prozent der Boote und Motoren in Deutschland gekauft
Das Projekt stehe in engem Zusammenhang mit einer unter französischer Leitung stehenden Aktion mit dem Namen „Small Boats“ (Kleine Boote), teilte das Bundesinnenministerium weiter mit. Diese Aktion diene der Zerschlagung von Schleuserbanden, die Migranten über den Ärmelkanal von Frankreich nach Großbritannien bringen.
Nach Einschätzung der französischen Polizei werden bis zu 90 Prozent der Boote und Motoren für diesen Zweck in Deutschland gekauft und von dort zunächst nach Belgien gebracht. Denn im Norden Frankreichs muss beim Kauf bestimmter Boote und Bootsmotoren inzwischen ein Ausweis vorgelegt und eine Telefonnummer angegeben werden. Der französische Innenminister Gérald Darmanin hatte bei einer Anhörung in der Nationalversammlung im vergangenen Dezember gesagt, im September und November habe es im Schleusermilieu zwei Mordversuche gegeben: den ersten im nordfranzösischen Grand-Synthe, den zweiten in Osnabrück. Zuvor seien nach Ermittlungen zu Schleuserbanden in Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien insgesamt zwölf Verdächtige festgenommen worden.
„Dass Deutschland sich an Versuchen beteiligen möchte, den Vertrieb von Schlauchbooten zu erschweren, um auf diese Weise Überfahrten von Frankreich nach Großbritannien über den Ärmelkanal zu verhindern, halte ich für einen vollkommen falschen Ansatz“, sagte Bünger. Richtig wäre es aus ihrer Sicht, für die Schaffung sicherer und legaler Fluchtwege einzutreten - sowohl in die EU als auch nach Großbritannien.