Bei den binnen eines Tages gemeldeten Corona-Neuinfektionen gab es nach Daten vom Donnerstag einen Sprung: Gesundheitsämter meldeten dem Robert Koch-Institut (RKI) 14.356 Ansteckungen – über 2400 mehr als noch vor einer Woche. Höhere Tageswerte waren zuletzt Ende Januar erfasst worden. Gleichzeitig greift die ansteckendere Coronavirus-Variante B.1.1.7 weiter in Deutschland um sich; das RKI beziffert deren Anteil auf nun circa 55 Prozent.
Auch die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) stieg mit 69,1 im Vergleich zum Vortag (65,4) an. Die Daten geben den Stand des RKI-Dashboards von 04.50 Uhr wieder, nachträgliche Änderungen oder Ergänzungen sind möglich. Zudem wurden innerhalb von 24 Stunden 321 weitere Todesfälle verzeichnet. Vor genau einer Woche hatte das RKI binnen eines Tages 11.912 Neuinfektionen und 359 neue Todesfälle registriert. Am Mittwoch waren es noch gut 9000 gemeldete Neuinfektionen.
Mit dem Wert von 69,1 am Donnerstagmorgen stieg die Sieben-Tage-Inzidenz auch wieder über den Wert von vor genau vier Wochen: Am 11. Februar hatte die Inzidenz noch bei 64,2 gelegen. Die Zahl der neuen Ansteckungen in Deutschland war im Januar und Februar über Wochen deutlich zurückgegangen. Seit Mitte Februar sieht das RKI bei der Sieben-Tage-Inzidenz und den Fallzahlen tendenziell wieder einen Anstieg. In welchem Umfeld sich die Menschen anstecken, kann laut dem Situationsbericht des Instituts derzeit oft nicht konkret ermittelt werden.
RKI-Chef: In Deutschland hat „die dritte Welle schon begonnen“
In Deutschland hat die dritte Corona-Welle nach Einschätzung des RKI bereits begonnen. Wie RKI-Präsident Lothar Wieler vor der UN-Journalistenvereinigung (ACANU) in Genf am Mittwoch sagte, gibt es klare Anzeichen dafür, dass „die dritte Welle schon begonnen hat“. Laufe die Impfkampagne „nicht komplett aus dem Ruder“, werde Deutschland in diesem Herbst jedoch die Kontrolle über das Virus erlangen - „davon bin ich absolut überzeugt“.
Wieler äußerte sich zum schleppenden Impftempo und forderte: „Wir müssen so viel wie möglich impfen, so schnell wie möglich, strategisch.“ In Deutschland seien bereits die Auswirkungen der Impfung bei den über 80-Jährigen zu erkennen. „Die Inzidenz ist rückläufig, aber im Grunde genommen in allen anderen Altersgruppen steigt die Inzidenz wieder an.“
Der RKI-Chef zeigte sich „sehr besorgt“ auch in Anbetracht der Lage in Europa und mahnte zur Einhaltung der Hygiene- und Abstandsmaßnahmen. „Wenn wir uns nicht an diese Maßnahmen der körperlichen Distanzierung, des Tragens von Masken halten, verlieren wir Leben, die wir nicht verlieren sollten“, sagte der RKI-Chef weiter. Die Menschen in Europa hätten eine Vorbildfunktion gegenüber der Welt, was das Einhalten der Regeln angeht.
WHO-Einstufung jährt sich zum ersten Mal
Zeitgleih jährt sich die Einstufung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus als Pandemie am Donnerstag zum ersten Mal. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte diese Einstufung am 11. März 2020 vorgenommen. Der Pandemiebegriff setzt sich aus den altgriechischen Wörtern „pan“ für „alles“ und „demos“ für „Volk“ zusammen. Die WHO definiert eine Pandemie als eine Situation, in der die gesamte Weltbevölkerung potenziell einem Erreger ausgesetzt ist – und das Risiko besteht, dass „ein Teil von ihr erkrankt“.
Ihre höchste Alarmstufe wegen des neuartigen Erregers hatte die WHO allerdings schon am 30. Januar 2020 ausgerufen, indem sie die Ausbreitung von Sars-CoV2 aus China zum „öffentlichen Gesundheitsnotfall von internationalem Interesse“ erklärte. Seit der Registrierung der ersten Infektionen im Dezember 2019 in Wuhan wurden bis heute weltweit mehr als 117 Millionen Ansteckungen nachgewiesen. Mehr als 2,6 Millionen Infizierte starben.
WTO scheitert erneut bei Aussetzung von Impfstoff-Patenten
Die größte Sorge der WHO ist aktuell die ungleiche Verteilung der Impfstoffe. Wenn das Virus sich in einigen Weltregionen ungehindert ausbreitet, kann es mutieren und die Varianten könnten wieder für die ganze Welt zur Bedrohung werden, warnt WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus ständig. Da reiche Länder direkte Verträge mit den Impfstofffirmen gemacht haben, sind weniger Dosen für die solidarische Impfinitiative Covax auf dem Markt erhältlich.
In der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf scheiterte am Mittwoch im achten Anlauf die Forderung von mehr als 100 Ländern, die Patente auf Corona-Impfstoffe vorübergehend auszusetzen, um die Produktion anzukurbeln. Wohlhabende Länder und Pharmaindustrie sagen, alle Produktionskapazitäten würden schon über Lizenzvereinbarungen genutzt. Dem widersprach der indische Botschafter. Reiche Länder blockierten den Vorstoß aber weiter, die nächsten Gespräche finden Mitte April statt.