Palmer: „Wir retten Menschen, die in halbem Jahr sowieso tot wären“
Die Äußerungen des Grünen-Politikers Boris Palmer zum Umgang mit Corona-Patienten haben für Verwirrung gesorgt. Nun steht er im Mittelpunkt der Kritik. Seine Wortwahl sei „menschenverachtend“, kritisierten Politiker den Tübinger Oberbürgermeister.
Boris Palmer (Die Grünen), Oberbürgermeister von Tübingen (DPA)

Angesichts heftiger Empörung über Äußerungen zum Umgang mit Corona-Patienten hat sich der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer für seine Wortwahl entschuldigt. „Niemals würde ich älteren oder kranken Menschen das Recht zu leben absprechen“, erklärte der Grünen-Politiker. Falls er sich „da missverständlich oder forsch ausgedrückt“ habe, tue es ihm leid.

Palmer hatte zuvor erneut eine Lockerung der Corona-Auflagen gefordert und dabei drastische Worte gewählt: „Ich sag es Ihnen mal ganz brutal: Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären“, sagte er. Es müsse unterschiedliche Sicherheitsvorkehrungen für Junge und Ältere geben. Einige Kritiker nannten seine Äußerungen „menschenverachtend“. Der Grünen-Politiker schüre Ängste von Millionen alter Menschen, sagte Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Gegenwind bekam Palmer auch aus der eigenen Partei. Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, etwa sagte der Funke Mediengruppe: „Unsere Verfassung ist eindeutig: Menschenwürde heißt auch, dass die Gesundheit jedes Menschen geschützt wird. Egal, wie alt wir sind.“ Palmer erklärte am Abend: „Ich habe darauf hingewiesen, dass die Methode unseres Schutzes so schwere Wirtschaftsschäden auslöst, dass deswegen viele Kinder sterben müssen. Das will ich nicht hinnehmen und fordere einen besseren Schutz unsere Risikogruppen ohne diese Nebenwirkungen.“

Grüne und SPD kritisieren die Äußerungen von Palmer

Die baden-württembergischen Grünen-Vorsitzenden Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand erklärte dazu, Palmer spreche nicht für die Grünen. „Mit seinen kalkulierten Ausrutschern und inszenierten Tabubrüchen beteiligt er sich an einer Polarisierung und Brutalisierung der öffentlichen Debatte - das ist mit unseren politischen Werten und unserem Verständnis von politischer Verantwortung nicht vereinbar.“ Der baden-württembergische SPD-Generalsekretär Sascha Binder nannte Palmers Äußerungen „menschenverachtend“. „Den Wert von Menschen nach ihrer Funktionalität und ihrem Alter zu bewerten, hätte ich nun nicht von einem grünen Parteimitglied erwartet, selbst von Herrn Palmer nicht“, erklärte Binder. Mit Blick auf die Stellungnahme der Grünen-Landesspitze fügte der SPD-Politiker hinzu: „Herr Palmer ist ein Grüner - mal sehen, wie lange er es nach Ansicht seiner Partei bleiben kann.“ Scharfe Kritik an dem Tübinger Oberbürgermeister übte auch der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Palmer bleibe seiner Linie als „Tabubrecher“ treu, erklärte Brysch. Er betreibe „billige Hetze“ und schüre Ängste von Millionen alten Menschen. „Damit betätigt sich Palmer als Brandstifter, obwohl er kraft seines Amts Feuerwehrmann sein muss.“

Agenturen