Ostdeutschland knüpft Bedingungen an Zustimmung für höheren Rundfunkbeitrag
Erstmals seit 2009 soll der monatliche Rundfunkbeitrag erhöht werden - von derzeit 17,50 Euro auf 18,36 Euro. Nun müssen alle 16 Bundesländer zustimmen. Politiker aus Ostdeutschland stellen Bedingungen.
Ostdeutschland knüpft Bedingungen an Zustimmung für neuen Rundfunkbeitrag (DPA)

Im Streit um einen höheren Rundfunkbeitrag ab dem nächsten Jahr verhärten sich die Fronten. Politiker aus Ostdeutschland erheben im Zusammenhang mit der nötigen Zustimmung der Landesparlamente Forderungen. Die öffentlich-rechtlichen Sender sollen sich selbst noch klarer zum Sparen verpflichten und mehr ARD-Einrichtungen in Ostdeutschland ansiedeln. Der Intendant des Bayerischen Rundfunks (BR), Ulrich Wilhelm, hält nun mit seiner Sicht dagegen: „Das ist eine klare Grenzüberschreitung. Das darf nicht miteinander verknüpft werden“, sagte Wilhelm zu den Forderungen aus Sachsen-Anhalt. Er mahnte an, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rundfunkfreiheit einzuhalten. Unter den ARD-Intendanten fand Wilhelm allerdings für seine Position dem Vernehmen nach zuletzt keine Mehrheit. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hatte eine Anhebung des Beitrages von derzeit 17,50 Euro auf 18,36 Euro monatlich empfohlen. Die Ministerpräsidenten waren dem gefolgt. Sachsen-Anhalt enthielt sich. Nötig ist auch die Zustimmung aller 16 Landtage, die noch aussteht. Die Beitragserhöhung zum nächsten Jahr wäre die erste seit 2009. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) erwartet vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Selbstverpflichtung auf die Sparvorgaben der KEF und die Ansiedlung von ARD-Gemeinschaftsaufgaben im Osten. Innerhalb der ARD ist derzeit eine Kulturplattform im Gespräch.

Zielsetzung: „Anpassung überproportionaler Vergütungsstrukturen“

In einem Brief, der vor Wochen an die Intendanten von ARD, ZDF und Deutschlandradio ging, betonte der Ministerpräsident: „Ich würde mich freuen, wenn zeitnah die Schaffung oder Verlagerung einer programmbezogenen Gemeinschaftseinrichtung in Halle (Saale) gelingt.“ Er betonte ein Ungleichgewicht, die Masse der Einrichtungen ist im Westen situiert. Zuvor hatten bereits andere Medien darüber berichtet. In einem zweiten Brief verwies er auf im KEF-Bericht angeführte Einsparpotenziale und erwähnte etwa eine Zielsetzung zur „Anpassung überproportionaler Vergütungsstrukturen“.

In einem späteren Schreiben an die Intendanten betonte der Chef der Magdeburger Staatskanzlei, Rainer Robra, dass sich der zuständige Ausschuss im Landtag nochmals im Juni mit dem Rundfunkbeitrag beschäftigen werde. Die Meinungsbildung sei noch nicht abgeschlossen. Es solle auch dann eine Beschlussempfehlung der Linken diskutiert werden, die den Staatsvertragsentwurf ablehne. Zugleich betonte Robra, dass die Beantwortung der Schreiben des Ministerpräsidenten für die weitere Meinungsbildung in Sachsen-Anhalt „von besonderer Bedeutung“ sei. Der Gesetzgeber habe grundsätzlich einen weiten Spielraum zur Ausgestaltung des Rundfunks, sagte Wilhelm. Das Mittel dafür sei die allgemeine Rundfunkgesetzgebung. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe habe jedoch schon 1994 entschieden, dass die Entscheidung in den Landtagen zur Umsetzung der KEF-Empfehlungen nicht mit konkreten Gegenforderungen verknüpft werden dürfe, betonte Wilhelm. „Das Bundesverfassungsgericht hat hier eine sehr wesentliche Schutzmauer errichtet, die vermeiden soll, dass der Rundfunk im Zeitpunkt der Beitragsentscheidung selbst Forderungen und Bedingungen einzelner Länder ausgesetzt ist“, sagte er. Grundsätzlich lehnt Wilhelm eine Stärkung Mitteldeutschlands durch ARD-Einrichtungen nicht ab. „Die Verknüpfung 'Geld nur gegen Erfüllung einer konkreten Vorgabe' erscheint mir allerdings ein unangemessener Umgang mit der Rundfunkfreiheit“, betonte der BR-Chef. „Dann sind wir in dem Bereich, den Karlsruhe zu Recht ausgeschlossen hat“, sagte er. „Die Rundfunkfreiheit ist ebenso wie die Pressefreiheit ein zentrales Gut. Und hier gibt es aus meiner Sicht gerade kein pragmatisches Vorgehen.“

Keine einseitige Einsparung bei der Gemeinschaft

Zugleich betonte Wilhelm die Notwendigkeit des Sparens: „Wir werden sowieso über die nächsten Jahre, auch weil die KEF-Empfehlung sehr moderat ausgefallen ist, um weitere Einsparungen gar nicht herumkommen. Wir werden immerwährend im Umbau sein. Die Digitalisierung tut ein Übriges.“ Bei den nötigen Einsparungen der ARD erwartet der BR-Intendant einen „Gleichklang“ der Kürzungen im Gemeinschaftsprogramm und in den Landesrundfunkanstalten. Denn jetzt schon sei klar: Auch bei der empfohlenen Beitragserhöhung sei dies finanziell nur mit weiteren Kürzungen zu verkraften. „Ich selber trete nicht für eine einseitige Einsparung bei der Gemeinschaft ein, sondern für einen Gleichklang, also dass wir bei regionalen wie bei nationalen Angeboten gleichermaßen sparen.“ Anders sei die Last für viele Sender nicht zu bewältigen. Wilhelm sagte: „Wir werden das nur einstimmig entscheiden können. Und diese Beschlüsse stehen im späten Sommer an.“ Ihn stimme optimistisch, dass gerade in Zeiten der Corona-Pandemie die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seiner Angebote von einer breiten Mehrheit anerkannt werde. Es seien viele neue Nutzergruppen dazugekommen, gerade auch Jüngere, sagte Wilhelm.

DPA