Klimaziele in Gefahr: Experte üben scharfe Kritik am Klimaschutzgesetz
CDU-Vizevorsitzender Andreas Jung äußert deutliche Kritik an der Reform des Klimaschutzgesetzes. Auch Klimaforscher Mojib Latif teilt diese Bedenken und geht mit der Klimapolitik der Regierung hart ins Gericht.
Braunkohlekraftwerk. / Photo: DPA (DPA)

Der CDU-Vizevorsitzende Andreas Jung hat die von Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) vorgelegte Reform des Klimaschutzgesetzes kritisiert. „Als Klimapolitiker unterschiedlicher Parteien haben wir lange für die Verbindlichkeit eines Klimaschutzgesetzes gekämpft“, sagte Jung dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag). „Pflicht zum sofortigen Nachsteuern bei einer Zielverfehlung ist dabei das Herzstück. Nur so kann verhindert werden, dass sich eine größere Klimalücke aufbaut“, betonte Jung und beklagte, dass die Grünen mit den Ampelpartnern diese Verpflichtung nun streichen.

Auch der Klimaforscher Mojib Latif geht mit der Klimapolitik der Ampel-Koalition hart ins Gericht. „Ich fürchte, Deutschland wird seine Klimaschutzziele krachend verfehlen. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien sind wir viel zu langsam, die Wärmewende wird sich nun nur schleppend vollziehen und beim Verkehr passiert so gut wie gar nichts“, sagte der Professor am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel der Deutschen Presse-Agentur.

Kritik an Verkehrs- und Gebäudesektor wegen CO2-Emissionen

Die Ziele im Klimaschutzgesetz bleiben unverändert: Deutschland muss demnach den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase bis 2030 gegenüber 1990 um 65 Prozent senken. Neu ist aber, dass die Einhaltung der Klimaziele nicht mehr rückwirkend nach verschiedenen Sektoren wie Verkehr, Industrie oder Landwirtschaft kontrolliert wird - sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend. Die Bundesregierung als Ganzes entscheidet künftig, in welchem Sektor und mit welchen Maßnahmen die zulässige Gesamtmenge bis 2030 erreicht werden soll. Nach dem geltenden Gesetz müssen die zuständigen Ressorts Sofortprogramme für Verbesserungen vorlegen, wenn in einem Jahr Ziele verfehlt werden. 2022 war im Verkehrs- sowie Gebäudebereich die gesetzlich vorgeschriebene CO2-Emissionsmenge überschritten worden. Auch Umweltverbände hatten die Reform scharf kritisiert.

Einen Tag nach der Grundsatzeinigung der Ampel-Koalition über das Heizungsgesetz hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Ressortabstimmung für das neue Klimaschutzgesetz sowie das Klimaschutzprogramm der Regierung eingeleitet. „Das Ziel, bis 2030 die Klimagas-Emissionen um 65 Prozent zu senken, ist damit erstmals in Reichweite gerückt“, sagte Habeck dazu am Mittwoch in Berlin. Allerdings sieht das neue Gesetz keine verbindlichen Sektorziele für CO2-Emissionen mehr vor.

„Mit dem Entwurf des neuen Klimaschutzgesetzes setzen wir die Beschlüsse des Koalitionsausschusses um“, sagte Habeck. Zentrale Steuerungsgrößen seien künftig „die Prognose der zukünftigen Emissionsentwicklung und dieJahresemissionsgesamtmengen“. Klimaschutz werde damit „vorausschauender, flexibler und dadurch effizienter“. Die Emissionsmengen der einzelnen Wirtschaftssektoren sollen weiter ausgewiesen werden, entscheidend sei aber künftig die Gesamtschau.

Braunkohlekraftwerk. (DPA)

Neue Rolle bei der Umsetzung des Klimaschutzprogramms

Das Klimaschutzprogramm bündele zudem „die Anstrengungen der Koalition zur Erreichung der nationalen und europäischen Klimaschutzziele“, sagte der Minister weiter. Er räumte ein, dass damit gleichwohl eine Lücke zum Erreichen dieser Ziele für 2030 bleibe, diese falle jedoch um 80 Prozent geringer aus als bei Amtsantritt der Ampel-Koalition. Gestärkt werde auch die Rolle des Klimaschutz-Expertenrats. Mit den Vorlagen setzt Habeck Beschlüsse des Koalitionsausschusses der „Ampel“ vom März um.

Zum Klimaschutzgesetz wird betont, dass damit die zulässigen Emissionsmengen insgesamt nicht verändert würden. „Mit dem neuen Klimaschutzgesetz wird eine zukunftsgewandte, mehrjährige und sektorübergreifende Gesamtrechnung ausschlaggebend für weitere Maßnahmen zur Verminderung der Treibhausgas-Emissionen", hieß es aus dem Wirtschaftsressort. Die bisherige Rückschau auf das Erreichen von Emissionszielen werde durch einen „Blick in die Zukunft“ abgelöst.

Künftig soll die Regierung nachsteuern müssen, wenn die Prognose der Gesamtemissionsmengen in zwei aufeinanderfolgenden Jahren eine Zielverfehlung anzeigt. Dabei wird eine besondere Verantwortung der Ressorts festgeschrieben, die für die Verfehlung verantwortlich sind. Rechtlich verbindlich ist dies aber nicht mehr. Für notwendige Maßnahmenpakete soll auch der Expertenrat für Klimafragen künftig Vorschläge vorlegen können.

Agenturen