Kirche: Bischöfe diskutieren über sexuellen Missbrauch und mehr
Die Missbrauchskrise im Erzbistum Köln ist noch nicht gelöst und kostet die Kirche das Vertrauen von Geistlichen und Gläubigen. Nun beginnt die Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe. Die Situation in Köln ist offiziell nicht auf der Agenda.
Archivbild. 11.03.2019, Niedersachsen, Lingen: Bischöfe beim Eröffnungsgottesdienst der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DPA)

Unter dem Eindruck der schweren Vertrauenskrise im Erzbistum Köln beginnt am Dienstag (13.00 Uhr) die dreitägige Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz. Wegen Corona finden die Beratungen nur online statt. Die 68 Mitglieder wollen unter anderem über Kirchenaustritte, sexuellen Missbrauch, die Debatte um assistierten Suizid und den Reformprozess Synodaler Weg sprechen. Weder die Situation in Köln noch die Proteste der Reformbewegung Maria 2.0 stehen offiziell auf der Tagesordnung.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hält ein Gutachten zum Umgang von Bistumsverantwortlichen mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Priester unter Verschluss. Woelki begründet dies mit rechtlichen Bedenken. Das Thema überlagert in der Öffentlichkeit seit Monaten alle anderen Entwicklungen in Deutschlands katholischer Kirche. Maria 2.0 hatte am vergangenen Sonntag an Kirchentüren in mehreren Regionen Reformthesen aufgehängt.

Der oberste katholische Repräsentant in Bonn, Wolfgang Picken, forderte mit Blick auf die Vollversammlung klare Konsequenzen für Bischöfe und andere Verantwortungsträger, die Missbrauch vertuscht haben. Zurzeit sei völlig unklar, wie sich ein Bischof zu verhalten habe, wenn er bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen nicht richtig gehandelt habe, sagte der Bonner Stadtdechant der Deutschen Presse-Agentur.

„Da müsste die Bischofskonferenz mal ein bisschen Fantasie entwickeln“, sagte Picken. „Gibt es eine Ombudsstelle? Gibt es eine Zusammenkunft von Bischöfen, die einem anderen Bischof nahelegt, was er tun sollte? Irgendeine Form muss es geben, damit das Ganze objektiviert wird.“ Mögliche Reaktionen der Verantwortlichen seien Geldzahlungen, der Verzicht auf kirchliche oder päpstliche Titel oder eben der Rücktritt. Bisher sei das aber nicht geregelt.

Immer noch keine ernsten Konsequenzen für belastete Bischöfe

Picken erinnerte daran, dass das Bistum Aachen im November ein unabhängiges Gutachten veröffentlicht hatte, in dem auch Ex-Bischof Heinrich Mussinghoff belastet worden war. Geschehen sei bisher aber nichts – Mussinghoff habe sich „zum Denken zurückgezogen“. Das Bistum Aachen bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass weder Mussinghoff noch die anderen in dem Gutachten genannten Verantwortlichen bislang ein Zeichen der Reue hätten erkennen lassen.

Picken bezeichnete es als fatal für das Ansehen der Kirche, wenn der Eindruck entstehe, dass die Verantwortlichen erst dann Konsequenzen zögen, wenn sie durch Gutachten oder öffentlichen Druck dazu gezwungen würden. Vielmehr müsse von Bischöfen erwartet werden können, dass sie eigenständig ihr Gewissen befragten und dann handelten. Andernfalls werde das Thema Missbrauch keine Normalität im kirchlichen Leben mehr zulassen.

In fast allen 27 Bistümern würden nun unabhängige Gutachten in Auftrag gegeben. „Die werden nicht alle zeitgleich herauskommen, sondern Monat für Monat und Jahr für Jahr veröffentlicht werden, so dass wir dann einen Skandal nach dem anderen haben, weil die Wahrheit nicht im Vorhinein von den Verantwortlichen eingestanden wird.“

DPA