Gutachten: Deutsche Regeln zum Kopftuchverbot mit EU-Recht vereinbar
Ein EuGH-Gutachter hält die strengen deutschen Regeln zum Kopftuchverbot am Arbeitsplatz für grundsätzlich mit dem EU-Recht vereinbar. Zudem müsse ein Arbeitgeber bei religiösen Symbolen keine Ganz-Oder-Gar-Nicht-Haltung vertreten.
Symbolbild. Eine Frau mit Kopftuch – Ein EuGH-Gutachter hält die höheren deutschen Hürden des Kopftuchverbots für rechtens. (AA)

Die strengen deutschen Regeln für ein Kopftuchverbot am Arbeitsplatz sind aus Sicht des zuständigen Gutachters am Europäischen Gerichtshof mit EU-Recht vereinbar. Konkret geht es darum, dass in Deutschland bei einem solchen Verbot etwa eine „hinreichend konkrete Gefahr eines wirtschaftlichen Nachteils für den Arbeitgeber“ nachgewiesen werden muss. Grundsätzlich kann Mitarbeiterinnen das Tragen eines Kopftuchs am Arbeitsplatz jedoch verboten werden. Das am Donnerstag in Luxemburg veröffentlichte Gutachten ist für die EuGH-Richter nicht bindend, häufig folgen sie ihm aber.

Hintergrund sind zwei Fälle aus Deutschland. Zum einen war eine muslimische Mitarbeiterin einer überkonfessionellen Kita mehrfach abgemahnt worden, weil sie mit Kopftuch zur Arbeit erschienen war. Vor dem Arbeitsgericht Hamburg wurde daraufhin verhandelt, ob die Einträge aus der Personalakte gelöscht werden müssen und laut Mitteilung des EuGH gab es die Tendenz des Arbeitsgerichts, das Vorgehen als unmittelbar diskriminierend einzustufen.

Religionsfreiheit vs. unternehmerische Freiheit

Zum anderen hatte das Bundesarbeitsgericht 2019 bei einem Fall aus dem Raum Nürnberg, in dem eine Muslimin gegen ein Kopftuchverbot bei der Drogeriemarktkette Müller geklagt hatte, das höchste europäische Gericht um eine Stellungnahme gebeten. Während sich die Angestellte in ihrer Religionsfreiheit eingeschränkt sah, verwies die Drogeriekette auf unternehmerische Freiheit.

Das nun veröffentlichte Gutachten bezieht sich auch auf Symbole anderer Religionsgemeinschaften wie etwa die traditionelle jüdische Kopfbedeckung Kippa. Es wurde zudem argumentiert, dass ein Arbeitgeber keine Ganz-Oder-Gar-Nicht-Haltung vertreten müsse. Es sei rechtens, große religiöse oder politische Symbole unter Verweis auf einen neutralen Dresscode zu untersagen, aber kleine Symbole „die nicht auf den ersten Blick bemerkt werden“ auszunehmen.

EuGH-Urteil machte 2017 Schlagzeilen

Bereits 2017 hatte der EuGH in einem ähnlichen Fall mit einem vielbeachteten Urteil Schlagzeilen gemacht. Damals sprachen sich die obersten Richter der EU dafür aus, dass Arbeitgeber ein Kopftuch im Job unter Umständen verbieten könnten, etwa wenn weltanschauliche Zeichen generell in der Firma verboten seien und es sachliche Gründe dafür gebe.

Unter diesen Umständen stelle ein Kopftuchverbot keine unmittelbare Diskriminierung dar. Allerdings könne es um „mittelbare Diskriminierung“ gehen, also eine Regelung, die Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung besonders benachteiligt. Dies könne jedoch gerechtfertigt sein, etwa um politische, philosophische oder religiöse Neutralität gegenüber Kunden zu wahren.

DPA