Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoğlu, rechnet nach dem Inkrafttreten des neuen Staatsbürgerschaftsrechts am Donnerstag mit einem starken Anstieg der Einbürgerungsanträge. „Die Leute haben inzwischen verinnerlicht, dass es eine doppelte Staatsbürgerschaft geben wird”, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Mittwochsausgaben). „Und viele stellen jetzt so schnell wie möglich einen Antrag.”
Er rechne „mit 50.000 Anträgen pro Jahr”, fuhr Sofuoglu fort. „Das scheint mir realistisch.” Die Bearbeitung werde jedoch dauern. In vielen Städten sei es schwierig, überhaupt einen Termin bei den Ausländerämtern zu bekommen.
Viele Antragsteller hätten im Hinterkopf, nach erfolgter Einbürgerung bereits im kommenden Jahr an der Bundestagswahl teilnehmen zu können, sagte Sofuoglu. „Ich appelliere daher an die Parteien, sich klarzumachen, dass die Antragsteller potenzielle Wählerinnen und Wähler sind”, sagte er. „Wenn man die gewinnen will, dann muss man eine entsprechende Politik machen. Dazu gehört, in den Parteien mehr Partizipationsmöglichkeiten zu schaffen - und Rassismus ernsthaft zu bekämpfen.”
Mit dem Inkrafttreten des neuen Staatsbürgerschaftsrechts wird in Deutschland Mehrstaatigkeit generell zugelassen - Eingebürgerte müssen ihren alten Pass also nicht abgeben. Eine Einbürgerung soll künftig in der Regel nach fünf statt wie bisher nach acht Jahren möglich sein. Für Menschen, die sich besonders gut integriert haben, ist eine Einbürgerung bereits nach drei Jahren möglich.