Corona-Ampel zeigt Doppel-Rot:  Sperrstunde und  Kontaktverbote in Berlin
In Berlin steht die Corona-Ampel auf Doppel-Rot. Die Berliner Senatorin Kalayci ordnet daher ab Samstag eine Sperrstunde und strengere Kontaktverbote für drinnen und draußen an. Die neuen Regeln gelten zunächst bis Ende Oktober.
Corona-Ampel zeigt Doppel-Rot: Sperrstunde und Kontaktverbote in Berlin (DPA)

Zum ersten Mal zeigt das Berliner Ampelsystem zur Bewertung der Corona-Lage dem Senat Handlungsbedarf an. Die Zahl der Neuinfektionen im Verhältnis zur Einwohnerzahl in den vergangenen sieben Tagen und die Reproduktionszahl liegen inzwischen über den als kritisch definierten Grenzwerten. Das geht aus dem Online-Lagebericht der Gesundheitsverwaltung vom Dienstag hervor. Damit steht die Ampel nun auf Doppel-Rot. Für diesen Fall hatte der Senat vereinbart, dass die Umsetzung von Maßnahmen erforderlich wird. Die Corona-Ampel berücksichtigt drei Indikatoren: die Reproduktionszahl (kurz R-Wert), die Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen und die Auslastung der Intensivbetten mit Covid-19-Patienten. Für jedes Kriterium wurden Grenzwerte definiert: Werden diese mindestens drei Mal in Folge überschritten, wechselt die entsprechende Ampelfarbe auf Gelb oder Rot. Auf Rot gesprungen ist die Ampel nun bei der Reproduktionszahl - mit einem Wert von 1,26. Das bedeutet, dass ein Infizierter mehr als einen anderen Menschen ansteckt. Um die Pandemie zu bremsen, müsste der Wert kleiner als 1 sein. Bei den Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen wird inzwischen ein Wert von 44,2 erreicht. In den Innenstadtbezirken sind die Werte deutlich höher als am Stadtrand, insbesondere Neukölln sticht mit 87,3 heraus.

Berliner Senatorin verteidigt Sperrstunde: Lage ist ernst

Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hat die neuen Verschärfungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie verteidigt. Ab Samstag gelten in der Hauptstadt eine Sperrstunde und strengere Kontaktverbote für drinnen und draußen. „Das ist das Nachtleben in Berlin, was uns Probleme bereitet hat in den letzten Tagen und Wochen“, sagte Kalayci am Mittwochmorgen im RBB-Inforadio. Deswegen hätten sie gezielt Maßnahmen getroffen und gesagt, es sei Schluss damit, nachts Party zu machen. „Aber insgesamt ist auch die Botschaft: Die Zeit der Geselligkeit ist vorbei. Die Lage in Berlin ist ernst“, sagte die Senatorin. Jeder Einzelne trage Verantwortung, die Pandemie in den Griff zu bekommen. Künftig müssen Restaurants, Bars und die meisten Geschäfte in Berlin von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr schließen. Im Freien dürfen sich nachts nur noch fünf Personen oder Menschen aus zwei Haushalten treffen. Drinnen dürfen bei privaten Feiern noch maximal zehn Leute zusammenkommen. Die neuen Regeln gelten zunächst bis Ende Oktober. Wenn sich die Disziplin nicht verbessere, müsse man mit weiteren Verschärfungen rechnen, sagte Kalayci. „Jetzt ist einfach Abstand angesagt. Die Winterzeit ist eine sehr gefährliche Zeit.“ Die Berliner FDP-Fraktion hatte kritisiert, der Senat lasse sich von einer Minderheit auf der Nase herumtanzen. Wenn man Maßnahmen nicht durchsetzen könne, mache eine weitere Verschärfung keinen Sinn. Kalayci sagte zu der Kritik, man habe die Pandemie anfangs ausbremsen können. „Aber jetzt merken wir, dass die Disziplin nachgelassen hat, gerade bei jungen Menschen.“ Auch eine Minderheit könne sehr gefährlich sein, wenn sie sehr mobil sei und viele andere anstecke. Kalayci verwies auch auf Bußgeldregelungen.

Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Deutschland hat wieder einen neuen Höchstwert seit der zweiten Aprilhälfte erreicht. Innerhalb eines Tages meldeten die Gesundheitsämter 2828 neue Corona-Infektionen, wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Mittwochmorgen bekanntgab. Das sind über 150 mehr als am Freitagmorgen, als mit 2673 Neuinfektionen innerhalb eines Tages der zuvor geltende Höchstwert seit der zweiten Aprilhälfte gemeldet worden war.

Bahn und Bundespolizei kontrollieren verstärkt Maskenpflicht

Die Sicherheitsdienste der Deutschen Bahn und die Bundespolizei kontrollieren derzeit schwerpunktmäßig die Einhaltung der Maskenpflicht in Zügen. „Den ersten Schwerpunkt bildet Norddeutschland“, teilte die Bahn mit. Am Mittwoch soll demnach verstärkt im Regional- und Fernverkehr in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen kontrolliert werden, ob alle Fahrgäste eine Mund-Nase-Bedeckung tragen. Wer das nicht tut, dem droht das Ende der Fahrt sowie mancherorts ein Bußgeld in Höhe von 50 Euro. An den Wochenenden sowie während der Herbstferien will der Konzern in den Fernzügen zudem doppelt so viele Sicherheits-Mitarbeiter einsetzen wie bislang. Auf die Schwerpunktkontrollen einigten sich Mitte September Vertreter von Bund, Ländern, Kommunen, Bundespolizei, Gewerkschaften und Verkehrsunternehmen. Zuvor hatten vor allem die Arbeitnehmervertreter kritisiert, Zugbegleiter seien mit der Durchsetzung der Maskenpflicht überlastet. Die Erklärung, die bei dem Treffen zustande kam, sieht eine klarere Aufgabenverteilung vor. Kontrollieren sollen zwar weiterhin auch die Zugbegleiter. Aber: „Das Erheben von Bußgeldern bei Verstößen gegen die Maskenpflicht bleibt Aufgabe der zuständigen Behörden.“ Die Länder hatten sich im August darauf verständigt, ein Mindestbußgeld von 50 Euro für Maskenverweigerer festzulegen. Allein Sachsen-Anhalt zog nicht mit. Dort gibt es kein Bußgeld. Die Schwerpunktkontrollen will die Bahn bis zum Dezember fortsetzen.

2800 Corona-Neuinfektionen - Höchstwert seit April

Seit Beginn der Corona-Krise haben sich nach Angaben des RKI mindestens 306 086 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert (Datenstand 7.10., 0.00 Uhr). Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion liegt nach RKI-Angaben bei 9562. Das sind 16 mehr als am Vortag. Rund 267 700 Menschen haben die Infektion nach RKI-Schätzungen überstanden. Ein Anstieg zeichnet sich weiterhin bei den intensivmedizinisch behandelten Covid-19-Patienten ab. Laut aktuellem RKI-Lagebericht werden derzeit (6.10.2020, 13:15 Uhr) 449 Corona-Infizierte intensivmedizinisch behandelt, 219 davon werden beatmet. Vor einer Woche (29.9.) hatte der Wert noch bei 352 (195 beatmet) gelegen, in der Woche davor (22.9.) bei 278 (151 beatmet). Rund 8900 Intensivbetten sind in den deutschen Kliniken derzeit noch frei.

DPA