Ein breites Bündnis aus Studierendenverbänden und Gewerkschaften hat den Bundestag zu umfassenden Korrekturen an der Bafög-Reform aufgerufen. „Statt die Studierenden, Schülerinnen und Schüler mit einer weiteren Nullrunde abzuspeisen, müssen die Bedarfssätze mindestens auf Bürgergeldniveau erhöht werden, um das Existenzminimum der jungen Menschen abzusichern“, forderte die Gewerkschaft GEW am Montag. Das Deutsche Studierendenwerk kritisierte, die geplanten leichten Verbesserungen könnten die ausbleibende Erhöhung des Bafög-Grundbedarfs und der Wohnkostenpauschale nicht aufwiegen.
Der Bundestag berät am Donnerstag in erster Lesung über die von der Bundesregierung geplante Reform, die unter anderem eine Studienstarthilfe von einmalig 1000 Euro vorsieht. Insgesamt soll das Bafög vereinfacht werden, um den Aufwand für Ämter und Empfänger zu verringern. Zudem soll ein Fachrichtungswechsel künftig bis zum Beginn des fünften statt bisher vierten Semesters aus wichtigem Grund möglich sein, ohne aus der Förderung zu fallen.
Weiter ist vorgesehen, Einkommen von minderjährigen Geschwistern nicht mehr bei der Bemessung anzurechnen. Außerdem werden die Freibeträge beim Elterneinkommen leicht erhöht. Nicht vorgesehen sind höhere Fördersätze für Studierende. Der monatliche Höchstsatz liegt derzeit bei 934 Euro.
GEW-Vize fordert Bafög-Erhöhung und Schuldenabbau
Der stellvertretende Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Andreas Keller, forderte: „Rauf mit dem Bafög, runter mit den Schulden.“ Statt die Darlehensbelastung weiter zu erhöhen, müsse diese deutlich reduziert werden. Schon jetzt sei die Lage vieler Studierenden „dramatisch“. Nur noch 11,7 Prozent erhielten Bafög, „ein Drittel ist armutsgefährdet, zwei Drittel müssen das gesamte Jahr über jobben“, so Keller. Das Parlament müsse den Regierungsentwurf „deutlich nachbessern“.
Der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Studierendenwerks, Matthias Anbuhl, erklärte, der vom Bundesbildungsministerium vorgelegten 29. Bafög-Novelle „fehlt die Kraft“. Es gebe keinen Grund, warum das Ministerium von den 150 Millionen Euro, die ihm der Bundestags-Haushaltsausschuss trotz schwieriger Kassenlage für eine Bafög-Erhöhung zu Verfügung stelle, „nur 62 Millionen Euro verwenden will“. Trotz stark gestiegener Preise für Lebensmittel und Mieten sollten Studierende „mit einer Nullrunde bei den Bedarfssätzen abgespeist werden“.
Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler erklärte: „Das Bafög muss wieder einlösen, was sein Grundgedanke war: dass auch Kinder studieren können, deren Eltern wenig Geld haben.“ Die Bedarfssätze müssten mindestens auf das Niveau des Bürgergelds steigen, die Wohnkostenpauschale müsse um 50 auf 410 Euro monatlich erhöht werden. „Seit Jahrzehnten erleben wir eine schleichende Entwertung des Bafög“, kritisierte Bühler.
Der Aufruf „Perspektiven eröffnen – in die Zukunft investieren für ein bedarfsgerechtes Bafög“ wird von neun Organisationen unterstützt – neben dem Deutschen Studierendenwerk und den Gewerkschaften GEW und Verdi sind auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der studentische Dachverband fzs, die evangelischen und katholischen Hochschulgemeinden sowie die Initiative ArbeiterKind.de mit dabei.