Pushbacks in Griechenland und Kroatien: EU-Innenkommissarin will Aufklärung
EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hat von Griechenland und Kroatien Aufklärung über die jüngsten Fälle illegaler Pushbacks an den EU-Außengrenzen gefordert. Medienberichten zufolge drängen beide Länder Flüchtlinge teils gewaltsam zurück.
07.10.2021, Belgien, Brussels: Ylva Johansson, EU-Kommisarin für Inneres, spricht im EU-Hauptquartier in Brüssel bei einer Pressekonferenz nach einem EU-Forum über den Schutz gefährdeter Afghanen. Foto: Stephanie Lecocq/Pool EPA/AP/dpa (DPA)

Nach Medienberichten über das teils gewaltsame Zurückdrängen von Flüchtlingen an der EU-Außengrenze hat nach Kroatien auch Griechenland Aufklärung zugesagt. „Jeder Vorwurf“ werde durch die griechische Justiz untersucht, sagte Migrationsminister Notis Mitarachi am Freitag beim EU-Innenministertreffen in Luxemburg. Die EU-Kommission hatte zuvor Druck auf beide Länder gemacht. „Das geht nicht in Europa“, sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn zu den sogenannten Pushbacks.

Nach Recherchen des „Spiegel“, des ARD-Magazins „Monitor“ und Medien anderer europäischer Länder betreiben insbesondere die kroatische Interventionspolizei und griechische Eliteeinheiten aktiv illegale Pushbacks an ihren Grenzen - das heißt, sie hindern die Menschen am Eintritt in die EU oder schieben sie teils gewaltsam ab. Videoaufnahmen der Medien zeigen, wie Maskierte an der Grenze teils mit Schlagstöcken auf Menschen einprügeln und sie aus dem Land jagen.

„Natürlich wird Griechenland die Vorwürfe untersuchen“, sagte Migrationsminister Mitarachi nach einem Treffen mit EU-Innenkommissarin Ylva Johansson und dem kroatischen Innenminister Davor Bozinovic. Davor hatte sich Mitarachi noch vehement gegen die Anschuldigungen gewehrt. „Die griechischen Grenzen sind die Grenzen der EU, und wir handeln im Rahmen des internationalen und europäischen Rechts, um sie zu schützen“, hatte er am Donnerstag bekundet. EU-Innenkommissarin übt Druck auf Griechenland und Kroatien

EU-Innenkommissarin Johansson nannte die Medienberichte teils „schockierend“ und machte Druck auf beide Länder zur Aufklärung. Es gebe außerdem „überzeugende Hinweise“ auf den Missbrauch von EU-Fördermitteln, da die Einsätze von Grenzschützern an den EU-Außengrenzen teilweise aus Brüssel mitfinanziert werden. Dies müsse ebenfalls untersucht werden, forderte die Innenkommissarin.

Am Freitag diskutierten in Luxemburg erstmals die Innenminister der 27 EU-Länder über das Thema. Der luxemburgische Außenminister Asselborn, der auch für Immigration und Asyl zuständig ist, nannte es etwas „sehr Dringendes, dass die Kommission hier einschreitet“. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nahm an dem Treffen nicht teil.

Der kroatische Regierungschef Andrej Plenkovic hatte am Donnerstag eine „umfassende Untersuchung“ der Videoaufnahmen angeordnet. Kroatien respektiere seine Gesetze und internationale Vorschriften, betonte er. Er fügte jedoch hinzu, dass „wir wie jedes andere Land die Aufgabe haben, unsere Grenze zu schützen und illegale Migration zu stoppen“. Menschenrechtskommissarin bezeichnet jüngste Berichte als „schockierend“

Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, erklärte auf Twitter, dass die neuesten „schockierenden Berichte“ sich in eine „lange Reihe von Berichten über die inakzeptable Normalisierung von Pushbacks und Gewalt gegen Asylbewerber und Migranten“ einreihten. Es sei „höchste Zeit“, dass die Staaten „effektiv ermitteln, Maßnahmen ergreifen, sich gegenseitig zur Rechenschaft ziehen und solche schweren Menschenrechtsverletzungen beenden“.

Kroatien und Griechenland liegen an der Balkanroute, die von Migranten auf der Flucht vor Krieg und Armut im Nahen Osten, Asien und Afrika in Richtung Westeuropa genutzt wird. Nach Kroatien versuchen Migranten hauptsächlich aus Bosnien und Herzegowina einzureisen, nach Griechenland gelangen sie über See und Land von der Türkei aus.

Kroatischen Grenzschützern wurde bereits wiederholt Polizeigewalt gegen Migranten vorgeworfen. In Griechenland soll vor allem die Küstenwache gewaltsam oder zumindest rücksichtslos gegen Bootsflüchtlinge vorgehen.

AFP