Belgien: 20 Jahre Haft für iranischen Diplomaten wegen „Anschlagsplanung“
Ein Iraner mit Diplomatenpass ist in Belgien wegen einer mutmaßlichen Anschlagsplanung zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Er ist offenbar Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes. Teheran spricht von einer „Inszenierung“.
04.02.2021, Belgien, Antwerpen: Farzin Hashemi (l), Mitglied des Nationalen Widerstandsrats des Iran, Rechtsanwalt Rik Van Reusel (M) und Rechtsanwalt Georges-Henri Beauthier sprechen während des Prozesses gegen einen iranischen Diplomaten, der einen Bombenanschlag auf eine Großkundgebung in Frankreich geplant haben soll, bei einer Pressekonferenz. (DPA)

Im Prozess um einen vereitelten Sprengstoffanschlag auf eine Großkundgebung von iranischen Exil-Oppositionellen in Frankreich ist der Hauptangeklagte zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Ein Gericht im belgischen Antwerpen sah es am Donnerstag als erwiesen an, dass der 49 Jahre alte iranische Diplomat Assadollah A. für den Terrorplan gegen die Veranstaltung mit Tausenden Teilnehmern verantwortlich ist. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin wurde der Mann wegen versuchten Mordes und Beteiligung an einer terroristischen Organisation schuldig gesprochen.

Brisant ist das Urteil, weil Assadollah A. den Ermittlungen zufolge Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes MOIS ist, zu dessen Aufgaben die Beobachtung und Bekämpfung oppositioneller Gruppierungen innerhalb und außerhalb des Irans gehört. Es gilt deswegen als möglich, dass den Anschlagsplänen ein direkter staatlicher Auftrag zugrunde lag. Laut dem Urteil gehörten nicht nur Assadollah A., sondern weitere Geheimdienst-Mitarbeiter zu der Terrorgruppe, die das Attentat plante.

Diese These vertritt auch die im Iran verbotene Oppositionsgruppe NWRI. Der Nationale Widerstandsrat Iran (NWRI) hatte die Großkundgebung am 30. Juni 2018 in Villepinte bei Paris organisiert. An ihr hatten auch zahlreiche westliche Unterstützer teilgenommen, darunter der Anwalt des damaligen US-Präsidenten Donald Trump, Rudy Giuliani.

Teheran weist Vorwürfe zurück

Die Regierung in Teheran weist die Vorwürfe vehement zurück und erklärt, dass die Terrorplanungen von Regimegegnern inszeniert worden seien. Sie hatte bereits gegen die Festnahme von Assadollah A. in Deutschland heftig protestiert, weil der Mann zum Tatzeitpunkt an der iranischen Botschaft in Wien als Diplomat akkreditiert war. Assadollah A. war am 1. Juli 2018 an einer Autobahnraststätte bei Aschaffenburg (Bayern) verhaftet und dann von Deutschland an Belgien übergeben worden.

Die deutsche Justiz argumentierte, dass Assadollah A. bei seiner Festnahme nicht unter diplomatischem Schutz gestanden habe, weil er sich außerhalb Österreichs auf einer Urlaubsreise befand. Die Bundesanwaltschaft hatte gegen den Mann einen Haftbefehl unter anderem wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit und Verabredung zum Mord erwirkt.

Zu den weiteren Angeklagten in Antwerpen gehörte ein in Belgien lebendes Ehepaar, das den Anschlag nach den Ermittlungen hätte ausführen sollen. Assadollah A. soll ihm dafür Ende Juni 2018 in Luxemburg-Stadt eine Sprengvorrichtung mit insgesamt 500 Gramm des Sprengstoffes Triacetontriperoxid (TATP) übergeben haben. Belgische Spezialeinheiten hatten das Paar mit dem Sprengstoff im Auto dann allerdings auf dem Weg nach Frankreich gestoppt und festgenommen. Der Mann wurde nun nach Angaben der Gerichtssprecherin zu 15 Jahren Haft verurteilt, seine Frau zu 18 Jahren. Ein weiterer Mann soll 17 Jahre Haft in Haft.

Helfern die Staatsbürgerschaft entzogen

Den drei Helfern von Assadollah A. wird nach dem Urteil zudem ihre belgische Staatsbürgerschaft entzogen. Außerdem ordnete das Gericht an, Gelder zu konfiszieren, die die Mittäter vom iranischen Geheimdienst erhalten haben sollen. Nach Angaben der Gerichtssprecherin geht es insgesamt um einen Betrag von mehr als 450.000 Euro.

In Deutschland hatte es vor knapp 30 Jahren ein großen Anschlag auf Iraner gegeben. Bei einem Attentat im September 1992 im Berliner Restaurant „Mykonos“ wurden vier Iraner, die mit der kurdischen Nationalistenpartei PDKI in Verbindung standen, von einem Terrorkommando erschossen. Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass die Mörder von einem „Komitee für Sonderangelegenheiten“ geschickt worden seien, das aus höchsten Repräsentanten des iranischen Mullah-Regimes bestand. Im April 1997 wurden insgesamt vier Attentäter zu hohen Haftstrafen verurteilt.

DPA