Gericht in Belgien: „PKK keine Terrororganisation"
Laut Urteil des Obersten Gerichtshofs in Belgien ist die PKK eine Partei in einem bewaffneten Konflikt - und keine Terrororganisation. Die Türkei verurteilt die Entscheidung.
Proteste von PKK-Sympathisanten in Basel (Archivbild) (DPA)

Die PKK ist „keine terroristische Organisation", sondern eine Partei in einem bewaffneten Konflikt. Zu diesem Urteil kam am Dienstag der Kassationshof in Brüssel. Das berichtet die belgische Zeitung „Le Soir“ am Mittwoch.

Schon im September 2017 hatte das Brüsseler Berufungsgericht geurteilt, „dass es in der Türkei einen bewaffneten Konflikt gibt und dass die PKK Konfliktpartei in diesem innertürkischen bewaffneten Konflikt ist“, wie der „europa.blog“ im September 2019 berichtete. Bürger und Bürgerinnen seien, so das Berufungsgericht, nicht Ziel der PKK - selbst wenn es bei Angriffen auf militärische Ziele auch zivile Opfer gäbe. Folglich könne die PKK nicht als Terrororganisation eingestuft und mutmaßliche Mitglieder nicht als Terroristen verklagt werden.

In November 2018 hatte das EU-Gericht laut einem damaligen Artikel der „Tagesschau“ erklärt, dass die PKK „zwischen 2014 und 2017 zu Unrecht auf der EU-Terrorliste geführt worden“ sei. „Das EU-Gericht erklärte die zugrundeliegenden Beschlüsse der EU-Staaten wegen Verfahrensfehlern für nichtig. Nach Ansicht des Gerichts hat der Rat der Mitgliedstaaten in notwendigen Verordnungen und Beschlüssen nicht hinreichend begründet, warum er die PKK auf der Liste führt.“ Konkrete Auswirkungen hätte das Urteil damals nicht gehabt, da es für 2018 einen neuen EU-Beschluss zur Terrorliste gebe, „der durch das Urteil nicht infrage gestellt wird.“

Der Fall in Belgien ist kein Einzelfall. Auch in der Schweiz ist die PKK nicht als terroristische Organisation gelistet, weil sie nicht auf der Liste der Terrororganisationen der Vereinten Nationen steht.

Belgisches Außenministerium:„PKK terroristische Organisation“

Der belgische Außen- und Verteidigungsminister Philippe Goffin sagte indes laut „Le Soir": „Das Urteil des Kassationshofs ist Ausdruck der richterlichen Gewalt, unabhängig von der Exekutive, und sollte von allen Akteuren als solcher verstanden werden.“ Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs impliziere keinesfalls, dass PKK-Mitglieder in Belgien nicht mehr verfolgt werden könnten, sobald sie Straftaten begehen.

„Die Position der belgischen Regierung ist eindeutig: Die PKK ist eine terroristische Organisation“, betonte Goffin. Belgien werde sich weiterhin dafür einsetzen, dass die PKK und andere aus der Türkei stammende Terrorgruppen wie DHKP/C und TAK in die europäische Terrorliste aufgenommen werden.

Darüber hinaus berühre das vom Kassationsgericht bestätigte Urteil des Brüsseler Berufungsgerichts nicht die Fähigkeit des belgischen Staates, seinen internationalen Verpflichtungen im Kampf gegen den Terrorismus nachzukommen. Hierzu gehörten gegebenenfalls auch die PKK oder Organisationen, die auf die eine oder andere Weise mit ihr verbunden seien, ergänzte der belgische Außenminister.

Darüber hinaus sagte Goffin, dass Belgien weiterhin an guten Beziehungen zur Türkei interessiert sei.

Kritik aus Ankara: „Das Urteil ist politisch“

Während der belgische Außenminister die Situation klarzustellen versuchte, reagierte das türkische Außenministerium auf das Urteil des Kassationshofes mit scharfer Kritik. Damit versuche man bestehende Gesetze zu untergraben, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwoch.

Das Urteil entlaste „eine Terrororganisation mit ideologischen Motiven“ und komme der eindeutigen Unterstützung der PKK gleich, die von der Türkei und der EU als terroristische Vereinigung eingestuft werde.

„Es ist ein Beispiel für Heuchelei; es ignoriert die Tatsache, dass Terrorismus eine Bedrohung für alle Nationen darstellt und andere terroristische Organisationen ermutigt“, fügte das Ministerium in seiner Erklärung hinzu. Das Urteil beruhe eher auf politischen als auf rechtlichen Kriterien und enthalte schwerwiegende Widersprüche.

Die Urteil stelle zudem ein Hindernis für Belgien dar, seinen internationalen Verpflichtungen zur Terrorismusbekämpfung nachzukommen. Das Ministerium fordert die belgische Regierung auf, alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um das Urteil zu korrigieren und der Terrororganisation YPG/PKK ordnungsgemäß entgegenzutreten. Nicht nur die YPG/PKK, sondern auch andere terroristische Gruppen wie Daesh würden diese unverantwortliche Entscheidung ausnutzen, warnte das Ministerium.

Auch der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu verurteilte die Entscheidung des belgischen Kassationshofs. „Dieses Urteil ist ideologisch und politisch. Es ist eine heuchlerische Entscheidung derer, die versuchen, uns mit Angst Recht beizubringen“, schrieb er am Mittwoch auf Twitter.

TRT Deutsch und Agenturen