Zum Interview hat sie ein Demo-Schild mitgebracht. „Save the World“ steht darauf, „Rettet die Welt“. So ein Schild hatte die thailändische Schülerin Lilly (12) auch dabei, als sie den Premierminister ihres Landes traf. Ihre Mission: Thailand muss grüner werden. Ein Schritt: Seit Anfang des Jahres gilt in den Supermärkten ein Plastiktüten-Bann. Allmählich wird das südostasiatische Land umweltbewusster, zumindest ein bisschen. Das liegt auch an jungen Aktivistinnen wie Ralyn Satidtanasarn, genannt Lilly. Wie wohl gerade alle Mädchen, die die Welt retten wollen, wird sie mit dem schwedischen Vorbild verglichen: Sie ist „Asiens Greta Thunberg“, eine von den „Gretas“ weltweit. Lillys Familie war schon umweltbewusst, bevor die Tochter Müll aus Bangkoks verdreckten Kanälen sammelte. Das größte Problem in ihrem Land sei der Konsum, findet sie. „Die Tatsache, dass wir mehr konsumieren, als wir brauchen.“
Lily arbeitet an sechs Umweltprojekten
Gerade hat sie sechs Umweltprojekte. Der Kampf gegen Plastik ist eines, ein anderes soll beispielsweise helfen, dass Restaurants weniger Essen verschwenden. Allein macht Lilly das nicht, die Familie und Freunde helfen. „Es ist eine Art Team-Leistung.“ Ihre Großmutter guckt Nachrichten und bringt Lilly damit auf Themen. Oder sie entdeckt Probleme im Alltag, dann arbeitet es in ihr. „Ich denke die ganze Zeit über viele Sachen nach, die wir machen.“ Sie informiert sich dann online. Lillys Kommunikationsmittel ist aber nicht das Internet, sondern sie redet direkt mit den Leuten direkt, mit den großen Supermärkten, den Ministerien, auf Konferenzen oder vor Schülern. Reden kann sie gut. Lilly kommt aus privilegierten Verhältnissen. Sie geht auf eine internationale Schule und spricht besser Englisch als Thai, wie sie selbst sagt. Beim Interview im Café ist ihre Mutter Sasie dabei, eine Psychologin. Auch eine Freundin ist mitgekommen, beide Mädchen trinken Shakes mit Metall-Strohhalmen. Sie tragen ein T-Shirt, auf dem „Öko-Bildung für Thailand“ steht. Noch eines von Lillys Projekten. Mit der Öko-Bewegung ist es nicht besonders weit. Das Tropenidyll, von dem deutsche Urlauber schwärmen, hat längst Risse bekommen. In Bangkok ist die Luft so schlecht, dass viele Leute Schutzmasken tragen, auch wenn gerade kein Virus Schlagzeilen macht. Die Großstädter lassen sich gerne beliefern und chauffieren, der Verkehr ist chaotisch. Nach Behördenangaben benutzt jeder Thailänder im Schnitt acht Plastiktüten am Tag. 1,2 Millionen Tonnen Tüten landeten vergangenes Jahr im Müll. Zum Sinnbild des Problems wurde 2019 eine kleine Seekuh namens Marium, die mit Plastikmüll im Magen verendete.
Greenpeace: Die Botschaft dringt durch
Die Umweltorganisation Greenpeace hat beobachtet, dass sich das Bewusstsein in Sachen Plastik und Nachhaltigkeit zu ändern beginnt. „Es zeigt, dass die Botschaft durchdringt, aber leider führt das nicht zu dem systematischen Wandel, den wir brauchen, um die Plastikmüll-Krise wirklich zu beenden“, erklärt Tara Buakamsri, Greenpeace-Chef in Thailand. Über Lilly sagt er: „Ihr positiver Aktivismus ist inspirierend für andere, ihr zu folgen.“ Plastiktüten zu vermeiden, sei nicht schwer, sagt Lilly. Vielleicht sei es ein bisschen unpraktisch, dass man immer einen Beutel dabei haben müsse. „Aber besser unpraktisch, als unsere Welt zu verschmutzen und unbewohnbar zu machen.“ Die Zukunft macht ihr Angst. Zu lange haben die Menschen ihrer Ansicht nach die Zerstörung der Umwelt ignoriert. „Wir wussten das alles seit 50 Jahren.“ Jetzt sei der Schaden fast nicht mehr gutzumachen. „Es ist leicht, sich entmutigen zu lassen.“ Jetzt müsse etwas passieren. Greta Thunberg ist für Lilly eine Inspiration. Mit Greta verglichen zu werden, findet sie gut, aber auch ein bisschen nervig. „Ich mag es, wenn mich die Leute Lilly nennen. Lilly von Thailand.“ Da kichert sie. Anfeindungen wie Greta erlebt die Zwölfjährige nicht. Kommentare im Netz ignorieren sie, sagt die Mutter. Lilly sagt: „Es wird immer Leute geben, die nicht mögen, was man macht.“
Ziel: In den nächsten zehn Jahre frei von fossilen Brennstoffen
Ihr nächstes Ziel? Thailand soll innerhalb der nächsten zehn Jahre frei von fossilen Brennstoffen sein, spätestens. Aus der Perspektive von Erwachsenen klingt das komplett unrealistisch. Die Luft fühlt sich in Bangkok manchmal an wie eine Waschküche mit Autoabgasen. Die Mutter sagt zu den Wünschen ihrer Tochter: „Ich versuche, das nicht zu bewerten.“ Lilly findet: „Wir sind auf dem Mond gewesen. Warum können wir nicht aufhören, fossile Brennstoffe zu nutzen?“