Im Strafverfahren gegen den 65-jährigen Islam-Religionslehrer M.A. hat das österreichische Straflandesgericht Graz sein Verfahren am Dienstag eingestellt. Die Vorwürfe – terroristische Vereinigung, Terrorismusfinanzierung, Geldwäscherei, kriminelle Organisation und staatsfeindliche Verbindungen – hatten sich alle nicht erhärten lassen, wie die Tageszeitung „Die Presse“ berichtete.
M.A. war im Anschluss an die Großrazzia „Operation Luxor“ unter Verdacht geraten. In der Begründung zur Einstellung des Verfahrens heißt es im Wortlaut: „Kurzum ist aus den bisherigen Ermittlungsergebnissen ein dringender Verdacht, M. A. habe sich einer terroristischen Vereinigung mit der Zweckausrichtung angeschlossen, durch terroristische Straftaten (Bombenanschläge etc.) Israel zu zerstören, ein weltweites Kalifat zu errichten und Österreich zu erschüttern, nicht mehr ableitbar.“
Belastendes hatte sich laut „Die Presse“ zuletzt aus einem Verfassungsschutzbericht ergeben, wonach M. A. im Jahr 2013 in Wien auf einer angeblichen Muslimbrüder-Veranstaltung war. Außerdem spekulierte der Lehrer mit Immobilien – was aber nicht mit Terrorismus-Finanzierung in Einklang gebracht werden konnte. Und auch die Veranstaltung war laut Gericht letztlich nicht genug, um Terrorismus zu beweisen. Es habe nur einen Anfangsverdacht gegeben, der sich aber nicht habe erhärten lassen.
Die Staatsanwaltschaft hatte M.A. gar als „Führungsperson“ dargestellt. Gegen den Einstellungsbeschluss des Verfahrens ist eine Beschwerde an das Oberlandesgericht (OLG) Graz zulässig.
Pikant: Dasselbe Gericht hat bereits neun Verdächtigen Recht gegeben, die sich im Juli gegen die Hausdurchsuchungen wegen unverhältnismäßiger Gewalt seitens der Polizei gewehrt hatten. Die Hausdurchsuchungen bei neun Beschuldigten seien rechtswidrig gewesen. Das Gericht urteilte, dass der Verdacht gegen die Betroffenen nicht ausreichte, um die Razzien zu rechtfertigen.
Betroffener begrüßt Verfahrenseinstellung
Einer der von den Hausdurchsuchungen betroffenen Personen, der Wissenschaftler Farid Hafez, begrüßte im Gespräch mit TRT Deutsch die Entscheidung des OLG als ein wichtiges Lebenszeichen einer unabhängigen Justiz in Österreich.
Die exzessive Polizeigewalt während der Razzien hatte nach TRT Deutsch-Recherchen bei Familienmitgliedern Spuren hinterlassen. Mehr als zehn Kinder mussten nach den Einsätzen psychologisch behandelt werden. Die 30 festgenommenen Personen und deren Familien hätten nach dem Vorfall auch mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt, da ihre Bankkonten im Anschluss an die Razzia gesperrt wurden.
Innenminister bezeichnete Razzia als „entscheidenden Schlag“ gegen Terror
Nach der Großrazzia „Operation Luxor“ hatte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) von einem „entscheidenden Schlag“ gegen angebliche Mitglieder der Muslimbruderschaft und die Terrororganisation Hamas gesprochen. An 60 Orten in vier Bundesländern waren damals Fahnder aktiv – und zwar eine Woche nach der Wiener Terrornacht vom 2. November 2020, bei dem vier Menschen ums Leben kamen und sich zwei Austro-Türken als rettende Helden erwiesen.
Daraufhin hatte der OLG-Senat die Razzia im Bezug auf die neun Beschwerdeführer wegen der dünnen Verdachtslage als rechtswidrig erklärt. Die Richter sagten auch, dass die Annahme, die Muslimbruderschaft sei eine weltweit homogene Gruppe – eine Gruppe, die als Ganzes die Merkmale einer Terror-Vereinigung aufweise –, „nicht auszumachen“ sei.
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