KfW-Experte: Türkiye hat „großes Potenzial für erneuerbare Energien”
Beim Ausbau erneuerbarer Energien setzt Türkiye mittlerweile Maßstäbe. Davon profitieren auch deutsche Investoren. Velibor Marjanovic von der KfW IPEX-Bank spricht im Interview mit TRT Deutsch über die türkische Energiepolitik.
KfW-Experte: Türkiye hat „großes Potenzial für erneuerbare Energien” / Photo: AA (AA)

Feride Tavus

Der türkische Energiemarkt rückt zunehmend in den Fokus deutscher Investoren. Für den Ausbau erneuerbarer Energien bietet Türkiye ein enorm ungenutztes Potenzial. Im Gespräch mit TRT Deutsch erklärt Velibor Marjanovic von der KfW IPEX-Bank die Chancen und Herausforderungen für die deutsch-türkische Partnerschaft.

Welche Meilensteine hat Türkiye im Bereich der erneuerbaren Energien erreicht?

Türkiye hat im Bereich der erneuerbaren Energien mit einer installierten Kapazität von rund 115 GW erhebliche Fortschritte gemacht. Vor allem Solar- und Windenergie haben in den letzten Jahren ein bemerkenswertes Wachstum erfahren und werden allein im Jahr 2024 fast 5 GW an zusätzlicher Kapazität beisteuern. Erneuerbare Energiequellen machen inzwischen rund 46 Prozent der jährlichen Stromerzeugung des Landes aus und unterstreichen das Engagement von Türkiye bei der Diversifizierung seines Energiemixes und der Förderung der Nachhaltigkeit.

Wo sehen Sie noch ungenutzte Potenziale?

Trotz erheblicher Fortschritte bietet der türkische Sektor für erneuerbare Energien ein beträchtliches ungenutztes Potenzial, insbesondere bei der Onshore- und Offshore-Windenergie sowie bei der Solarenergie. Das offizielle Ziel umfasst die Installation von 5 GW Offshore-Windkapazität bis 2035, was erhebliche Entwicklungsmöglichkeiten schafft. Darüber hinaus will das Land seine kombinierte Wind- und Solarenergiekapazität bis 2035 auf 120.000 MW vervierfachen, was das große Potenzial für weitere Investitionen und Wachstum in diesen Sektoren unterstreicht.

Dr. Velibor Marjanovic – Mitglied der Geschäftsführung der KfW IPEX-Bank GmbH (KfW IPEX-Bank GmbH)

Wie schätzen deutsche Investoren die Attraktivität des türkischen Energiemarktes ein?

Deutsche Investoren halten den türkischen Energiemarkt für attraktiv, insbesondere im Bereich der Windenergie. Ihre Investitionen werden häufig über Joint Ventures mit türkischen Konzernen abgewickelt, wobei lokale Partnerschaften genutzt werden, um den Markt effektiv zu bearbeiten. Die Anziehungskraft liegt in der wachsenden Energienachfrage von Türkiye und seinem enormen Potenzial an erneuerbaren Energien im Bereich der Wind- und Solarenergie, das durch seine geografischen Gegebenheiten bedingt ist. Die Einführung von Einspeisetarifen in harter Währung stärkt das Vertrauen der Investoren weiter. Darüber hinaus erhöht die starke Präsenz deutscher Turbinenhersteller wie Enercon und Nordex die Zuverlässigkeit des Marktes und gibt den Investoren zusätzliche Sicherheit.

Welche Rolle spielt die KfW IPEX-Bank derzeit bei der Finanzierung von Projekten im türkischen Energiesektor?

Erneuerbare Energien machen fast die Hälfte des Gesamtengagements der KfW IPEX-Bank in Türkiye aus, was die strategische Bedeutung des Landes für die Bank widerspiegelt. In den vergangenen 12 Monaten hat die KfW IPEX-Bank eine zentrale Rolle bei der Unterstützung des grünen Wandels in Türkiye durch wegweisende Transaktionen gespielt. Dazu gehört das bisher größte Windkraftprojekt des Landes, Enerjisa YEKA 2 Phase 1 (750 MW), bei dem unsere Bank als Kreditgeber, ECA-Koordinator, Intercreditor Agent und Facility Agent fungierte. Darüber hinaus fungierte die KfW IPEX-Bank als alleiniger ECA-Lender für den Windpark Gülpınar (159 MW), der zum Zeitpunkt des Finanzierungsabschlusses die fünftgrößte Windinvestition von Türkiye war.

Welche konkreten Investitionschancen sehen Sie für deutsche Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien?

Für deutsche Unternehmen bieten sich in Türkiye erhebliche Investitionsmöglichkeiten im Bereich der erneuerbaren Energien, insbesondere bei Wind- und Solarenergieprojekten. Die Ausschreibungen der türkischen Regierung für „Ressourcen-Gebiete für erneuerbare Energien“ (YEKA) bieten eine Plattform für Großinvestitionen, wobei kürzlich Ausschreibungen von 1.200 MW für Wind- und 800 MW für Solarprojekte für Januar 2025 angekündigt wurden. Darüber hinaus bietet die Zuteilung von mehr als 17 GW an Wind- und Batteriespeicherlizenzen sowie von mehr als 14 GW an Solar- und Batteriespeicherlizenzen ein erhebliches Potenzial für deutsche Unternehmen, die sich auf Technologien und Investitionen im Bereich der erneuerbaren Energien spezialisiert haben.

Welche langfristigen Perspektiven sehen Sie bei der energiepolitischen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Türkiye?

Die langfristigen Aussichten für die energiepolitische Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Türkiye sind vielversprechend, angetrieben durch ihr gemeinsames Engagement, die Entwicklung erneuerbarer Energien voranzutreiben. Gemeinsame Anstrengungen, einschließlich Technologietransfer, Joint Ventures bei Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien und laufende politische Dialoge über Plattformen wie das Türkisch-Deutsche Energieforum, bergen ein erhebliches Potenzial zur Stärkung dieser Partnerschaft.

Vielen Dank für das Gespräch

TRT Deutsch