Deutsche Rüstungsexporte in Milliardenhöhe in Krisenregion Nahost
Nach dem Rekordjahr 2019 hat sich 2020 wieder ein Abwärtstrend bei den Genehmigungen für deutsche Rüstungsexporte abgezeichnet. In den Nahen Osten dürfen aber weiter in größerem Umfang Waffen und andere militärische Güter geliefert werden.
25.04.2019, Mecklenburg-Vorpommern, Wolgast: Patrouillenboote, die ursprünglich für Saudi-Arabien gebaut wurden, liegen auf dem Werftgelände der zur Lürssen-Werftengruppe gehörenden Peene-Werft. Die Bundesregierung hat der Lürssen Werft die Lieferung von neun Patrouillenbooten und eines Küstenschutzbootes an Ägypten genehmigt. (DPA)

Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr Rüstungsexporte für mehr als eine Milliarde Euro an Länder genehmigt, die in die Konflikte im Jemen oder in Libyen verwickelt sind. Alleine für Ägypten wurden bis zum 17. Dezember Ausfuhren von Waffen und militärischer Ausrüstung im Wert von 752 Millionen Euro erlaubt. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Auch nach Katar (305,1 Millionen Euro), in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE, 51,3 Millionen), nach Kuwait (23,4 Millionen) und an den NATO-Partner Türkei (22,9 Millionen) dürfen in größerem Umfang Rüstungsgüter geliefert werden. Außerdem wurden Genehmigungen für Jordanien (1,7 Millionen) und Bahrain (1,5 Millionen) erteilt. Unter dem Strich summiert sich das alles auf 1,16 Milliarden Euro.
Im Jemen bekämpft eine von Saudi-Arabien geführte Allianz an der Seite der dortigen Regierung die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen. Dem Bündnis gehören die VAE, Ägypten, Kuwait, Jordanien und Bahrain an. An den Kampfhandlungen sind aber in erster Linie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate beteiligt.
Zu den Rüstungsexporten in die am Jemen-Krieg beteiligten Staaten hatten Union und SPD auf Drängen der Sozialdemokraten 2018 eine Klausel in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Demnach sollten die Lieferungen an alle „unmittelbar“ an dem Krieg beteiligten Staaten gestoppt werden. Was „unmittelbar“ genau bedeutet, blieb aber unklar. Vollständig umgesetzt wurde der Beschluss bis heute jedenfalls nur für Saudi-Arabien, den zeitweise mit Bodentruppen am Jemen-Krieg beteiligten Sudan und den Jemen selbst.
Der Grünen-Außenpolitiker Nouripour kritisierte die anhaltenden Exporte an die anderen Staaten der Jemen-Kriegsallianz scharf. „Damit ist die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben steht“, sagte er. Er monierte außerdem, dass die Bundesregierung Rüstungslieferungen an Staaten erlaubt, die das Waffenembargo gegen Libyen gebrochen haben. „Zwischen den Worten und den Taten dieser Bundesregierung klaffen Lücken groß wie Mondkrater.“
Über die Hälfte der Exporte in Länder außerhalb von EU und NATO
Die Genehmigungen für deutsche Rüstungsexporte hatten 2019 mit 8,015 Milliarden Euro einen Rekordwert erreicht. 2020 hat sich zuletzt aber ein deutlicher Rückgang abgezeichnet. Bis zum 10. Dezember wurden nur Lieferungen für 5,635 Milliarden Euro erlaubt. Das geht aus der Antwort auf eine frühere Bundestags-Anfrage hervor. Mehr als die Hälfte der Exporte (51 Prozent) ging an Länder außerhalb von Europäischer Union und Nato. Im Vorjahr waren es nur 44,1 Prozent.
In ihren erst 2019 verschärften Rüstungsexportrichtlinien hat sich die Bundesregierung selbst dazu verpflichtet, Lieferungen in diese sogenannten Drittländer „restriktiv“ zu handhaben. Sie weist stets auf starke Schwankungen in den Statistiken hin und vertritt auch in der aktuellen Antwort wieder die Auffassung, „dass eine rein zahlenmäßige Betrachtung (...) kein taugliches Mittel für die Beurteilung der Restriktivität der Rüstungsexportpolitik ist“.
Ägypten lag bereits 2019 unter den Hauptempfängerländern deutscher Rüstungsgüter mit 801,9 Millionen Euro auf Platz drei hinter Ungarn und Algerien. Dieses Jahr dürfte das von Machthaber Abdel Fattah al-Sisi mit harter Hand regierte Land wieder einen Spitzenplatz einnehmen. Es wird unter anderem von Thyssenkrupp Marine Systems mit U-Booten versorgt. Zudem genehmigte die Bundesregierung der Bremer Lürssen-Werft im November den Export von neun Patrouillenbooten und eines Küstenschutzbootes.

DPA