Schwache Konjunktur belastet deutschen Arbeitsmarkt
Die Arbeitslosigkeit in Deutschland bleibt hoch, die Nachfrage nach Arbeitskräften sinkt. Experten warnen vor einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen und fordern Reformen.
Schwache Konjunktur belastet Arbeitsmarkt / Photo: DPA (DPA)

Die schwache Konjunktur hat den deutschen Arbeitsmarkt weiter fest im Griff: Zwar nahmen Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung im November ab, die Rückgänge seien aber „wie schon im Vormonat gering“, erklärte am Freitag die Chefin der Bundesagentur für Arbeit (BA), Andrea Nahles. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger forderte eine „Wende am Arbeitsmarkt“, die staatliche Förderbank KfW mehr Investitionen und einen Ausbau der Digitalisierung.

Arbeitslosigkeit bleibt hoch

Der BA zufolge waren im November 2,774 Millionen Menschen arbeitslos, das waren 17.000 weniger als im Oktober. Saisonbereinigt entsprach dies allerdings einem Plus von 7000 Arbeitslosen. Verglichen mit November vergangenen Jahres war die Zahl der Arbeitslosen um 168.000 höher, wie die Behörde ausführte. Arbeitslosengeld erhielten im November 895.000 Menschen - 104.000 mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote sank im November um 0,1 Punkte auf 5,9 Prozent.

Die Zahl der Erwerbstätigen betrug im Monat Oktober 46,32 Millionen Menschen und lag damit saisonbereinigt um 3000 unter dem Vormonat und um 25.000 über dem Vorjahr. Für die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung lagen Zahlen bis September vor: Sie betrug in dem Monat 35,21 Millionen Menschen, das waren saisonbereinigt 10.000 mehr als im August und 123.000 mehr als ein Jahr zuvor. Erneut beruhte dieser Anstieg aber „allein auf ausländischen Staatsangehörigen“, betonte die BA.

Fachkräftemangel und sinkende Arbeitskräftenachfrage

Die Nachfrage nach Arbeitskräften ging zuletzt zurück: Im November waren laut BA dort 668.000 Stellen gemeldet, 65.000 weniger als vor einem Jahr.

Der Arbeitsmarktexperte Martin Müller von der KfW sprach von „Licht und Schatten“ am Arbeitsmarkt. Zwar sei die Erwerbstätigkeit bis ins Jahr 2024 hinein weiter gestiegen - aufgrund der „verhaltenen Konjunkturaussichten“ sei aber damit zu rechnen, dass im nächsten Jahr voraussichtlich die Zahl der Arbeitslosen zunehmen werde. Außerdem dämpften der Fachkräftemangel und die schwächelnde Arbeitsproduktivität die Wachstumsaussichten für die Konjunktur. Deutschland müsse daher „mehr investieren“ und die Digitalisierung weiter voranbringen.

Experten fordern tiefgreifende Reformen und Investitionen in den Arbeitsmarkt

Bettina Kohlrausch vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung sprach von einer „weiter problematischen“ Situation am Arbeitsmarkt. „Während die Sorgen vor Jobverlusten in den letzten Jahren vergleichsweise gering waren, zeigen unsere Studien ein hohes und wachsendes Maß an finanziellen Belastungen und Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation.“ Nötig seien tiefgreifende Änderungen, etwa ein Ausbau der Weiterbildung und eine „aktive Industriepolitik“.

Teile der deutschen Industrie stecken derzeit in der Krise. Zuletzt hatte eine ganze Reihe von großen Unternehmen angekündigt, in den kommenden Jahren massiv Jobs hierzulande abbauen zu wollen - etwa die Autobauer VW und Ford, die Autozulieferer Bosch und ZF und der Stahlhersteller Thyssenkrupp.

„Zu wenige Betriebe“ bereiteten sich mit ihren Qualifizierungsstrategien auf kommende Herausforderungen vor, beklagte Kohlrausch vor diesem Hintergrund. Arbeitgeberpräsident Dulger forderte eine Wende und „Ehrlichkeit in der Arbeitsmarktpolitik“. Die Liste der Forderungen nach einem Politikwechsel sei lang: „Arbeitszeitflexibilisierung, Abschaffung von Frühverrentungsanreizen, Entbürokratisierung und Förderung von Unternehmertum.“

AFP