Die FDP hält angesichts der Wirtschaftsflaute in Deutschland „Richtungsentscheidungen“ in den kommenden Wochen in der Koalition für möglich. Das sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr nach einem Treffen mit Wirtschaftsverbänden in Berlin. „Wir wollen wieder aufschließen zu den großen Industrienationen.“ Deutschland sollte wieder in der Champions League spielen.
Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner sagte auf die Frage, ob es bald gemeinsame Beratungen der Koalition gebe, er komme regelmäßig mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zusammen. Solche Treffen stünden in der nächsten Zeit auch wieder an. Auf eine Frage zum Fortbestehen der Koalition sagte Lindner: „Es gibt auch so etwas wie eine Regierungsverpflichtung, und für Deutschland ist es allemal besser, wenn eine Regierung eine gemeinsame Richtung findet, sie beschreibt und umsetzt.“
Konkrete Ergebnisse gab es bei dem Treffen wie erwartet nicht. Am Nachmittag kommt Kanzler Scholz mit Vertretern der Industrie zusammen. Die separaten Treffen hatten viel Kritik ausgelöst.
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte nach dem Treffen mit der FDP: „Wir müssen jetzt nach dem politischen Schaulauf ins Handeln kommen und es muss geliefert werden, denn Regierungsverantwortung heißt aus unserer Sicht auch Regierungsverpflichtung.“
Lindner: Gemeinsame Position nötig
Die wirtschaftspolitische Diskussion sei jetzt da, wo sie hingehöre, nämlich ganz oben auf der Tagesordnung, sagte Lindner: „Klar ist, dass wir in den nächsten Wochen alleine schon aufgrund der Zeitplanung für den Bundeshaushalt 2025 ja auch zu einer gemeinsamen Position werden finden müssen.“
In der Ampel gibt es allerdings unterschiedliche Vorstellungen über zusätzliche Maßnahmen, um die Konjunktur anzukurbeln. Zum Haushalt 2025 ist Mitte November eine entscheidende Sitzung des Haushaltsausschusses des Bundestags. Es müssen noch Milliardenlücken geschlossen werden.
Wirtschaft mahnt Strategie an
Die deutsche Wirtschaft steckt in einer Krise, laut Prognosen wird 2024 das zweite Rezessionsjahr in Folge. Wirtschaftsverbände fordern seit langem umfassende strukturelle Reformen.
Arbeitgeberpräsident Dulger sagte mit Blick auch auf den Industriegipfel bei Scholz: „Wir brauchen eine Strategie, die sich an allen Bereichen der Wirtschaft orientiert und eben nicht nur an einzelnen Sektoren. Ich erwarte von der Ampel, dass sie dabei mit den Möglichkeiten, die sie hat, klarkommt. Sie muss gemeinsam – und ich betone gemeinsam – die richtige Wirtschaftspolitik machen, diesen Standort wieder wettbewerbsfähig zu machen.“
„Schwerer Rucksack“
Die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland müsse wieder in den Mittelpunkt des politischen Handelns der Koalition rücken, sagte Dulger.
Reinhold von Eben-Worlée, Präsidiumsmitglied des Verbandes Die Familienunternehmer, sprach von einem schweren Rucksack, den die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb mit sich herumschleppe. Der Präsident des Bundesverbandes der Freien Berufe, Stephan Hofmeister, sagte: „Die Situation ist ernst.“