Creditreform: Mittelstand im Abwärtssog von Rezession und Inflation
Laut einer Creditreform-Umfrage hat die Konsumflaute die gesamte Breite der Wirtschaft erfasst. Die Lage im deutschen Mittelstand ist demnach derzeit so schlecht wie seit dem Höhepunkt der Corona-Krise nicht mehr.
Creditreform: Mittelstand kann sich Rezessionssog nicht entziehen / Photo: DPA (DPA)

Die Lage im deutschen Mittelstand ist so schlecht wie seit dem Höhepunkt der Corona-Krise nicht mehr. „Die Unternehmen sind in den Abwärtssog aus Inflation und Rezession geraten“, teilte die Wirtschaftsauskunftei Creditreform am Donnerstag zur Umfrage unter 1200 Firmen mit. Dies habe die gesamte Breite der Wirtschaft erfasst. „Massive Kostensteigerungen, hohe Zinsen und eine schwache Nachfrage belasten auch die kleinen und mittleren Unternehmen immer mehr“, sagte Creditreform-Chefökonom Patrik-Ludwig Hantzsch. Der Creditreform Geschäftsklimaindex sei erstmals seit 2020 wieder in den Minusbereich gerutscht und signalisiere ein Schrumpfen der Wirtschaftskraft. Die Konjunktur dürfte frühestens Anfang nächsten Jahres erst spürbar anziehen. „Bis zum ersten Halbjahr 2024 wird es steigende Insolvenzen geben“, sagte Hantzsch. Bei den Firmenpleiten sei aber keine dramatische Entwicklung zu erwarten, sondern eher eine Normalisierung.

Wegen stark gestiegener Finanzierungskosten und eingetrübter Geschäftslage sei die Investitionsbereitschaft eingebrochen. Der Anteil der Mittelständler, die Investitionen planen, ist laut Creditreform von 46,2 auf 38,4 Prozent gesunken und damit auf den niedrigsten Wert seit fast 20 Jahren. „Die Unternehmensfinanzierung - das ist unser Sorgenkind“, betonte Hantzsch. Hier hätten sich die Kreditzinsen spürbar erhöht.

Insolvenzen steigen

In den kommenden Monaten dürfte die Ertragslage schwierig bleiben. Die Mittelständler sind aber nicht mehr so pessimistisch wie zuletzt. Fast 20 Prozent erwarten steigende Erträge, bei der im Umfrage im Vorjahr waren es 15,2 Prozent. Mit einem Rückgang rechnen 26 Prozent (VJ: 33,7 Prozent). Die Geschäftserwartungen bezeichnete Hantzsch als sehr verhalten, aber nicht mehr so negativ wie im Vorjahr. „Die Wirtschaft erwartet ein Aufatmen, aber nicht jetzt, nicht in den nächsten Monaten, sondern frühestens zum Jahreswechsel.“ Ein Lichtblick sei die abflauende Inflation. „Die Konjunkturrisiken sind nach wie vor groß, ein spürbarer Aufschwung ist vorerst nicht in Sicht.“

Auch wenn die Wirtschaft 2024 nicht mehr schrumpfen sollte, seien die Einschnitte der Krise doch erheblich und würden in den kommenden Monaten noch Folgen haben, erläuterte Hantzsch. „Wir gehen deshalb auch von steigenden Insolvenzzahlen aus.“ Im ersten Halbjahr 2023 lag die Zahl der Firmenpleiten mit rund 8500 etwa 20 Prozent über dem Vorjahr. Für das Gesamtjahr 2023 erwartet der Experte eine Spanne von 17.000 bis 20.000 Insolvenzen, nach 14.600 im Jahr 2022. Dies sei zwar prozentual ein starker Anstieg - aber wegen staatlicher Hilfen in der Corona-Zeit von niedrigem Niveau aus. Ab Frühjahr 2024 dürften die Zuwächse abebben. In den nächsten ein, zwei Jahren dürften die Firmenpleiten kontinuierlich steigen - „aber nicht auf das Niveau der Weltfinanzkrise“, sagte Hantzsch. Im Rezessionsjahr 2009 hatte es noch fast 33.000 Insolvenzen gegeben.

Die Wirtschaft ist wegen Inflation, Energiekrise und hohen Zinsen seit Sommer 2022 nicht mehr gewachsen. Fachleute erwarten, dass das Bruttoinlandsprodukt dieses Jahr rund ein halbes Prozent schrumpft, 2024 dann um etwa ein Prozent wächst.

Reuters