Bürokratie hemmt Investitionen: Wirtschaft will schnellere Genehmigungen
Wirtschaftsvertreter schlagen Alarm: Die Komplexität von Genehmigungsverfahren sei aus Sicht der Unternehmen „neben dem komplizierten Steuerrecht das größte Hindernis am Standort Deutschland“, beklagt BDI-Vertreter Lösch.
Tesla-Werk in Grünheide (DPA)

Wirtschaftsvertreter kritisieren lange Genehmigungsprozesse in Deutschland: „Immer komplexere und langwierigere Planungsverfahren mit mehrfachen Klageerhebungen und nahezu endlosen Gutachterschlachten haben sich in Deutschland zu einem massiven Investitionshemmnis entwickelt“, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands BDI, Holger Lösch, dem „Handelsblatt“. Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sprach sich für eine Reform des Planungs- und Genehmigungsrechts aus. BDI-Vertreter Lösch sagte dem „Handelsblatt“, die Komplexität von Genehmigungsverfahren sei aus Sicht der Unternehmen „neben dem komplizierten Steuerrecht das größte Hindernis am Standort Deutschland“. Die Dauer der Verfahren habe sich in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt, die Personalsituation in den Genehmigungs- und Fachbehörden gleichzeitig verschlechtert. „Kam ein Genehmigungsverfahren vor 15 Jahren noch mit durchschnittlich zwei Gutachten aus, so sind es heute fünf bis zehn“

Tesla kritisiert deutsches Planungsrecht

Brandenburgs Wirtschaftsminister Steinbach verwies im „Handelsblatt“ auf die Kritik des US-Autobauers Tesla am deutschen Planungsrecht. „Wir sind, was die Anwendung des Bundesimmissionsschutzgesetzes und die damit verbundenen Genehmigungsverfahren betrifft, vielleicht in einem Tunnel der Betriebsblindheit und sehen möglicherweise nicht die Punkte, die einer Modernisierung und Entbürokratisierung bedürfen“ sagte der SPD-Politiker. Er halte es für ratsam, nach Abschluss des Tesla-Verfahrens das Planungs- und Genehmigungsrecht noch einmal genau zu analysieren. „Das sollte unter Beteiligung der entsprechenden Bundesministerien geschehen, die ihr Interesse bereits signalisiert haben.“ Steinbach plädierte in diesem Zusammenhang für eine Beschränkung der Klagerechte für Umweltverbände. „Ich halte es zum Beispiel für fragwürdig, mit welcher Berechtigung sich ein bayerischer Umweltverein hier in Brandenburg gegen die Tesla-Ansiedlung engagiert“, sagte er dem „Handelsblatt“. Auch die Länge der juristischen Verfahren gehöre auf den Prüfstand. „Dazu gehört die Frage, inwieweit die Zahl der gerichtlichen Instanzen reduziert werden kann“ Tesla baut im brandenburgischen Grünheide eine Elektroauto- und eine Batteriefabrik. Als weiteres Beispiel für das langwierige Planungsrecht nannte Steinbach das Thema Übertragungsnetze im Strombereich. „Hier werden Trassen über Jahre beklagt, mit dem Ergebnis, dass wir Ausbaugeschwindigkeiten haben, die von jeder Landschnecke getoppt werden“, sagte der Minister dem „Handelsblatt“. „So etwas können wir uns einfach nicht mehr leisten, wenn wir klimaneutral werden wollen.“ Von den Unternehmen forderte der SPD-Politiker mehr Risikobereitschaft und nannte Tesla als Vorbild. Der US-Konzern nutzt im brandenburgische Grünheide eine Regelung im Bundesimmissionsschutzgesetz, die unter bestimmten Bedingungen einen vorzeitigen Baubeginn zulässt. Im schlimmsten Fall - wenn keine Hauptgenehmigung erteilt wird - müsste Tesla alles zurückbauen. Minister Steinbach sagte, Brandenburg verhandele derzeit mit mehreren potenziellen Investoren, die genauso risikobereit seien wie Tesla. Das seien jedoch „alles ausländische Unternehmen“.

AFP