Mit scharfen Worten hat Dmitri Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, in einer Sondersendung des russischen Fernsehens vor den Feiertagen Impfgegner angegriffen. Personen, die nicht an der Impfung teilnähmen und dazu noch versuchten, andere durch Falschbehauptungen ebenfalls vom Impfen abzuhalten, seien „gefährliche Irre“, so Peskow.
Unterstützung erhielt er unter anderem vom Moskauer Chefarzt Andrej Shkoda, der Impfgegnern eine „militante Ignoranz“ attestierte, Gesundheitsminister Muraschko nannte sie „unvernünftig“. Der Ressortleiter des Präsidialamtes, Sergei Nowikow, verglich die Propaganda von Impfgegnern sogar mit der Ausrottungspolitik der Nationalsozialisten unter Adolf Hitler gegen das sowjetische Volk. Die Deutsche Wehrmacht hatte den sowjetischen Bürgern in den von ihr eingenommenen Gebieten den Zugang zu Gesundheitsversorgung und Hygieneprodukten verweigert.
Trotz früher Entwicklung von Impfstoffen niedrige Impfquote in Russland
In der Russischen Föderation ist die vierte Corona-Welle zwar mittlerweile wieder am Abklingen, dennoch bleibt die Zahl der täglichen Neuinfektionen deutlich im fünfstelligen Bereich. Ein Grund dafür ist, dass die Beteiligung an der Corona-Schutzimpfung in Russland verhältnismäßig gering ist – obwohl das Land zu den ersten weltweit gehörte, das einen eigenen Impfstoff dagegen entwickelt hatte.
Zum Jahreswechsel hatten erst knapp über 46 Prozent der Bevölkerung zwei Impfstoffdosen erhalten. Nur 51,2 Prozent der Bevölkerung in Russland waren zu dem Zeitpunkt mindestens einmal geimpft, eine Auffrischung haben erst 5,1 Prozent erhalten. Auch in der besonders gefährdeten Gruppe der über 60-Jährigen haben weniger als zwei Drittel bisher ihre Erstimpfung erhalten.
Eine Impfpflicht gibt es in Russland nicht, allerdings bemühen sich die staatlichen Verantwortungsträger, durch Aufklärungskampagnen die Menschen zur Impfung zu bewegen. Präsident Putin selbst hatte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen des Landes den Sputnik-V-Nasenspray, der alternativ zur Impfung zur Verfügung steht, an sich ausprobiert. Untersuchungen haben dennoch ergeben, dass die Impfskepsis in der russischen Bevölkerung anhaltend hoch ist. Bereits vor der Corona-Krise war der Anteil an Personen, die Impfungen generell ablehnen, im europaweiten Vergleich im Spitzenfeld.
Deutschsprachiges russisches Staatsmedium als Sprachrohr der Impfgegner
Die heftigen Angriffe von höchster Stelle gegen Impfgegner in Russland stehen in auffälligem Kontrast zur Berichterstattung einiger staatlicher Auslandsmedien der Russischen Föderation. Vor allem im Deutschland präsentiert sich der Ableger von RT (ehemals „Russia Today“) als Sprachrohr von Impfgegnern und Corona-Maßnahmenkritikern.
Vom Sender selbst in Auftrag gegebene Erhebungen hatten in der Vergangenheit ergeben, dass unter den Konsumenten von RT Deutsch Anhänger der Linkspartei und der in Teilen rechtsextremen AfD in überdurchschnittlichem Maße vertreten sind.
Dazu kommen zahlreiche Personen, die sich von etablierten Parteien und Medien nicht angesprochen fühlen und in Bewegungen wie dem sogenannten Friedenswinter engagierten, die von Kritikern als Ausdruck einer „Querfront“ zwischen ultralinks und ultrarechts bezeichnet werden. Viele dieser Personen haben sich seit Beginn der Corona-Krise auch an Kundgebungen der „Querdenken“-Bewegung beteiligt.
Die wiederholte ungeprüfte und unkritische Wiedergabe von Falschinformationen über die Corona-Schutzimpfung hatte erst im Dezember des Vorjahres YouTube dazu veranlasst, Kanäle des Senders RT Deutsch zu löschen.