Israel wählt erneut neues Parlament
In Israel gehen 6,8 Millionen Wahlberechtigte zum fünften Mal innerhalb von vier Jahren an die Wahlurnen. Der rechtskonservative Ex-Ministerpräsident Netanjahu hofft mit seiner Likud-Partei auf ein Comeback.
Parlamentswahl in Israel (DPA)

Die Menschen in Israel werden am Dienstag zum fünften Mal innerhalb von nur dreieinhalb Jahren eine neues Parlament wählen. Dabei hofft Oppositionsführer Benjamin Netanjahu auf eine Rückkehr als Regierungschef. Nach jüngsten Umfragen könnte seine Partei, der rechtskonservative Likud, erneut stärkste Kraft werden. Unklar ist aber, ob sich sein rechts-religiöses Lager insgesamt eine Mehrheit der Sitze sichern können wird. Auf Twitter warnte der Politiker mit dem Spitznamen „Bibi“ am Montag vor einem Abwärtstrend in den jüngsten Umfragen und forderte seine Wählerschaft zur Stimmabgabe auf. Der Sieg sei in greifbarer Nähe, schrieb er. Bei der 25. Wahl treten 40 Listen an, aber nur ein Drittel wird voraussichtlich die 3,25-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament (Knesset) schaffen. Mit Schließung der Wahllokale werden gegen 21.00 Uhr (MEZ) erste Prognosen auf Basis von Nachwahlbefragungen veröffentlicht. Das Endergebnis wird nicht vor Donnerstag erwartet. Rund 18.000 Polizisten sind am Wahltag im Einsatz, um landesweit die Sicherheit der 6,8 Millionen Wahlberechtigten zu gewährleisten. Knapper Ausgang erwartet Den letzten Umfragen vor der Wahl zufolge vom Freitag könnte der Pro-Bibi-Block 60 von 120 Sitzen bekommen. Damit gäbe es erneut eine Patt-Situation mit dem gegnerischen Lager des aktuellen Ministerpräsidenten Jair Lapid. Seine Zukunftspartei, die in der politischen Mitte angesiedelt ist, könnte zweitstärkste Kraft werden. Das Anti-Bibi-Lager besteht aus Parteien vom rechten bis zum linken Spektrum und will die Rückkehr Netanjahus als Regierungschef verhindern. Lapid schrieb auf Twitter, alle Israelis hätten „eine Regierung von fairen und fleißigen Menschen verdient, die hart für sie arbeiten“. Der 58-jährige Lapid ist auch für die Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaates. Die Parteienlandschaft in Israel ist stark zersplittert und interessengeleitet. Auch Parteien aus ähnlichen Lagern sind oft nicht bündnisfähig. Neben inhaltlichen Differenzen liegt dies auch an persönlichen Streitigkeiten. So gilt etwa Netanjahus Verhältnis zu anderen Hauptfiguren des rechten Lagers als extrem schlecht. Gegen Netanjahu läuft derzeit zudem ein Korruptionsprozess. Wie nach der Wahl im letzten Jahr könnte es Wochen oder Monate dauern, bis eine Regierung steht. Bis dahin wird Lapid übergangsweise im Amt bleiben. Rechtsruck wahrscheinlich Eine Rückkehr Netanjahus würde davon abhängen, ob er Partner findet. Mehrfach war der 73-Jährige bereits beim Versuch gescheitert, eine Koalition zu schmieden. Dieses Mal gilt das rechtsextreme Bündnis von Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir als möglicher Königsmacher. Umfragen sehen ihre religiös-zionistische Partei als drittstärkste Kraft im Land. Als entscheidend wird auch die Wahlbeteiligung der arabischen Bevölkerung angesehen. Die arabische Minderheit macht etwa 20 Prozent der rund 9,4 Millionen Bürger Israels aus. Sollte eine der kleineren Parteien im Lapid-Lager die 3,25-Prozent-Hürde nicht knacken, könnte das womöglich den Weg für eine ultrarechte Regierung unter Netanjahu ebnen. Wahlen in Dauerschleife Das Land am Mittelmeer befindet sich seit Jahren in einer Dauerkrise. Die vergangenen Wahlen hatten oft zu unklaren Mehrheitsverhältnissen geführt. Die aktuelle Acht-Parteien-Koalition unter Ministerpräsident Naftali Bennett war im Juni zerbrochen, nachdem sie nach nur zwölf Monaten ihre Mehrheit verloren hatte. Im Anschluss übernahm der Außenminister Lapid den Posten des Regierungschefs.

DPA