Es war eine rekordverdächtige Marathonsitzung: In gut 18 Stunden hat der Haushaltsausschuss des Bundestags bis zum frühen Freitagmorgen letzte Hand an die Etatplanung für 2023 gelegt. Ein Ergebnis ist, dass die Neuverschuldung mit 45,6 Milliarden deutlich höher ausfallen soll als zuvor geplant. Unions-Haushaltsexperte Christian Haase zeigte sich darüber „konsterniert“, FDP-Haushälter Otto Fricke hob hingegen die Flexibilität der Schuldenbremse hervor. Den Ausschussbeschluss zufolge soll der Bund nächstes Jahr rund 476,3 Milliarden Euro ausgeben, etwa 31 Milliarden Euro mehr als zunächst von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) eingeplant. Ein zentrales Anliegen von Lindner und seiner Partei war es, nach drei Ausnahmejahren 2023 die Schuldenbremse wieder einzuhalten. Dabei bleibt es auch nach der Ausschusssitzung, allerdings soll die Neuverschuldung nun bei 45,6 Milliarden Euro liegen. Lindner hatte anfänglich mit 17,3 Milliarden kalkuliert. Der deutliche Anstieg ist insbesondere auf die sogenannte Konjunkturkomponente der Schuldenbremse zurückzuführen, wie FDP-Chefhaushälter Otto Fricke erläuterte. Weil sich die Wirtschaftsentwicklung eintrübt, kann der Staat mehr neue Schulden aufnehmen. Fricke lobte diese Flexibilität der Schuldenbremse und betonte: „Wir sind keine Anhänger der Schwarzen Null“, also einer Haushaltsplanung ganz ohne Schulden.
„Neuverschuldung lässt einen konsterniert zurück“
Dagegen sagte der Unions-Haushaltsexperte Christian Haase (CDU), die Erhöhung der Neuverschuldung „lässt einen konsterniert zurück“. Dass die Koalition „jeglichen Spielraum der Schuldenbremse“ ausnutze, sei zwar „nichts Illegales“. Es zeige sich hier aber, dass in dem Dreierbündnis „alle bedient werden wollen“. Das führe dazu, „dass nicht gespart wird, was eigentlich notwendig wäre“. Die Linke-Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch monierte, dass die Koalition nichts tue, um die Einnahmen des Staates zu erhöhen. Ihre Fraktion habe dazu viele Vorschläge gemacht, etwa eine Vermögensabgabe und eine „echte Übergewinnsteuer“. Lötzsch warf der Regierung auch falsche Prioritätensetzung vor. So solle die Kindergrundsicherung erst 2025 - in einem Wahljahr - eingeführt werden, bereits jetzt seien aber zum Beispiel mehr als 770 Millionen Euro für einen Erweiterungsbau des Kanzleramts eingeplant.
Ampel-Politiker zufrieden mit dem Haushalt
Der SPD-Haushaltsexperte Dennis Rohde zeigte sich hingegen mit Blick auf die verschiedenen Entlastungsmaßnahmen überzeugt, „dass wir mit diesem Bundeshaushalt für Zusammenhalt und für Zuversicht in der Zeitenwende sorgen“. Alle drei Ampel-Partner „können heute sagen, dass sie sich in diesem Haushalt wiederfinden“.
Rohdes Grünen-Kollege Sven-Christian Kindler räumte ein, es seien „einige harte Nüsse zu knacken“ gewesen. Der Ausschuss habe letztlich den Etatentwurf der Bundesregierung „an entscheidenden Stellen verbessert“.
Die Ampel-Politiker wiesen zudem Kritik daran zurück, dass in dem Etatentwurf 5000 zusätzliche Stellen in der Bundesverwaltung vorgesehen sind. CDU-Haushälter Haase sagte, sicherlich gebe es manche Posten, über die nicht diskutiert werden müsse, etwa beim Zoll. Grundsätzlich seien die vielen neuen Stellen aber eine „Dauerlast für die Zukunft“.
Fricke sagte dazu, die Stellen seien in erster Linie für die Bereiche bestimmt, „in denen die Krisen angekommen sind“. Rohde hob hervor, dass sich die Regierung vorgenommen habe, mehr Projekte mit eigenen Leuten abzuwickeln anstatt über externe Träger.