Nach Belästigungsvorwürfen im Bundestag: SPD richtet Anlaufstelle ein
Die SPD-Fraktion im Bundestag hat eine Anlaufstelle für sexuelle Belästigung eingerichtet. Die Fraktion nehme jüngste Darstellungen von Parlamentarierinnen über Fälle sexueller Belästigungen im Bundestag „sehr ernst“, betonte der Sprecher.
Nach Vorwürfen sexueller Belästigung im Bundestag will die SPD eine Anlaufstelle für Betroffene einrichten (Symbolbild) (Reuters)

Nach Belästigungsvorwürfen der bayerischen SPD-Bundestagsabgeordneten Bela Bach gegen männliche Parlamentskollegen haben die Sozialdemokraten eine Anlaufstelle für Fälle dieser Art eingerichtet. Schon Anfang Juli habe die Fraktion eine Ansprechpartnerin benannt, an die sich Betroffene vertraulich wenden könnten, sagte ein Sprecher der SPD-Fraktion. „Seither sind keine weiteren Fälle bekannt geworden.“

Belästigung im Bundestag

Bach hatte in einem Interview der „Bunten“ und zuvor auch schon bei „Zeit Campus“ von Belästigung im Bundestag erzählt. Es gehe ihr nicht um ihren individuellen Fall, „sondern darum, auf ein System aufmerksam zu machen, in dem Macht missbraucht wird“, sagte sie. „Wenn mir so etwas widerfährt, wird darüber berichtet. Wenn eine Kellnerin belästigt wird, berichtet keiner darüber“. Sie wolle ein Vorbild sein: „Ich möchte allen Frauen Mut machen, die Opfer sexueller Belästigung werden. Das muss im 21. Jahrhundert keine Frau hinnehmen.“ „Zeit Campus“ hatte sie eine der Situationen, mit denen sie nach eigenen Angaben konfrontiert war, so beschrieben: „Einmal brauchte ich Unterstützung für ein Projekt. Ich schrieb einem Abgeordneten aus meiner Fraktion. Seine Antwort: Er würde mich unterstützen – wenn ich mich dafür privat mit ihm treffe. Ich habe ihm geschrieben, wie irritierend ich sein Verhalten finde, und abgesagt. Auch andere Kolleginnen haben so was erlebt.“

„Da läuft gewaltig etwas falsch“

In der „Bunten“ berichtete sie außerdem: „Im Plenum hat ein anderer Kollege, der mir gegenüber mehrfach mit sexistischen Sprüchen aufgefallen ist, sich so über den Sitz gebeugt, dass er mir über das Gesäß streifen konnte. Das sind Momente, da kann man nicht glauben, dass das passiert.“ Der dpa sagte Bach: „Es kann nicht sein, dass unsere Demokratie von älteren Männern bestimmt wird und Frauen, die sich engagieren, derartiges ertragen müssen. Da läuft gewaltig etwas falsch.“ Es gehe ihr nicht um ihren individuellen Fall, „sondern darum, auf ein System aufmerksam zu machen, in dem Macht missbraucht wird“. Die SPD-Fraktionsführung nehme Berichte über sexuelle Belästigungen im Bundestag „sehr ernst“, betonte der Sprecher. „Die Fraktion wird sich auch in den zuständigen Gremien des Bundestages weiter für eine Verbesserung der allgemeinen Wachsamkeit und einen besseren Schutz von Mitarbeiterinnen und Mandatsträgerinnen einsetzen.“

Seit 2002 eine „Dienstvereinbarung zum Beschäftigtenschutz“

Die Bundestagsverwaltung verwies darauf, dass es seit 2002 eine „Dienstvereinbarung zum Beschäftigtenschutz und partnerschaftlichen Verhalten am Arbeitsplatz“ gebe. Außerdem gebe es Mitarbeiter, die nach einer Schulung als sogenannte Anlaufstellen fungierten. „Hierüber sind die Beschäftigten der Verwaltung durch Hausmitteilung informiert“ Dies gelte allerdings nur für die Verwaltung - und „gerade nicht“ für Abgeordnete, Fraktionen und deren Mitarbeiter. Da seien die einzelnen Fraktionen zuständig. Die in Magdeburg geborene Wahl-Münchnerin Bach war 2020 als Nachrückerin in den Bundestag eingezogen, kandidiert allerdings nicht mehr für die neue Legislaturperiode. „Ich möchte als jüngste Frau der 19. Wahlperiode anderen jungen Frauen, die nachkommen, ein Parlament hinterlassen, in dem sie solche Erfahrungen hoffentlich nicht mehr machen müssen“, sagte Bach.

DPA