Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), hat Vorbereitungen auf mögliche neue Fluchtbewegungen aus der Ukraine gefordert. Zurzeit seien die Zahlen der neu ankommenden Geflüchteten aus der Ukraine mit rund 150 pro Tag zwar weiter rückläufig, „aber ein harter Kriegswinter kann das ändern“, sagte Alabali-Radovan dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Aufnahme und Verteilung laufen gut
Eine veränderte Fluchtbewegung träfe zunächst den direkten Nachbarn Polen und auch Tschechien, sagte sie. „Wir müssen daher in engem Austausch mit unseren Nachbarländern bleiben und bereit sein zur weiteren Aufnahme von Menschen, die vor Krieg und großer Not aus der Ukraine fliehen.“ Vor dem Flüchtlingsgipfel am Dienstag nannte die SPD-Politikerin die Aufnahme und Unterbringung Geflüchteter „eine große gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen“. „Aufnahme und Verteilung laufen im Großen und Ganzen gut“, fügte sie hinzu, „aber nicht immer und nicht überall.“ Alabali-Radovan verwies darauf, dass sich der Bund „bereits in erheblichem Maße“ finanziell an der Flüchtlingsunterbringung beteilige: „Rund zwei Milliarden Euro wurden bereits im April zugesagt – und es ist eine erhebliche Entlastung für die Länder, dass die ukrainischen Geflüchteten wie Grundsicherungsempfänger behandelt werden, deren Kosten der Bund übernimmt.“ Es gebe „in Deutschland nach wie vor eine große Solidarität“ gegenüber Geflüchteten aus der Ukraine, sagte sie. Gleichzeitig warnte sie: „Es gibt immer wieder unsägliche Kampagnen gegen Geflüchtete, auch aus russischen Propaganda-Schleudern. Dem müssen wir entschieden entgegentreten.“
Migrationsbeauftragte weist Kritik aus der Union zurück
Den Vorwurf aus der Union, die Bundesregierung schaffe mit Bürgergeld und „Chancen-Aufenthaltsrecht“ neue „Pull-Faktoren“ für Migranten, wies Alabali-Radovan zurück. „Friedrich Merz hat da versucht, für Stimmen zur Landtagswahl am rechten Rand zu fischen, das war unerträglich“, sagte sie dem RND.
Nach dem Chancen-Aufenthaltsrecht, das in den kommenden Wochen im Bundestag beschlossen werden soll, darf, wer am 1. Januar 2022 seit mindestens fünf Jahre geduldet in Deutschland lebt, dort bleiben und arbeiten. Das betrifft rund 135.000 Menschen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) trifft am Dienstag Vertreter der Kommunen und Länder, um über die weitere Versorgung von Flüchtlingen zu beraten. Dabei geht es laut Innenministerium um die Abstimmung zwischen den staatlichen Ebenen angesichts „der angespannten Lage rund um die Flüchtlingsaufnahme“ vor dem Winter. Die Kommunen fordern seit Wochen angesichts steigender Flüchtlingszahlen mehr Unterstützung.