Kritik an Massenfestnahme von Hongkonger Aktivisten
Mit dem umstrittenen Sicherheitsgesetz geht die Kommunistische Partei Chinas gegen die Hongkonger Opposition vor. Rund 50 Aktivisten wurden festgenommen. Aus Deutschland gibt es Kritik an China – aber auch an der EU.
China, Hongkong: Dieses Videostandbild zeigt Lam Cheuk-ting (M), Mitglied der Democratic Party, der von Polizisten verhaftet wird. (DPA)

Die Bundesregierung hat sich bestürzt gezeigt über die Festnahme Dutzender demokratischer Aktivisten in Hongkong. „Aus Sicht der Bundesregierung sind die Verhaftungen in Hongkong ein nächster Baustein in einer Reihe von sehr besorgniserregenden Entwicklungen in den letzten Monaten, die wir sehen“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts am Mittwoch in Berlin.

Die Polizei in Hongkong nahm mehr als 50 demokratische Oppositionelle fest. Die Aktion steht im Zusammenhang mit inoffiziellen Vorwahlen, die die Oppositionskräfte im vergangenen Juli vor der später wegen der Pandemie abgesagten Parlamentswahl abgehalten hatten. Den Festgenommenen werden Staatsgefährdung und Verstoß gegen das am 1. Juli in Kraft getretene nationale Sicherheitsgesetz vorgeworfen.

Die Geschehnisse bestätigten die Befürchtungen der Bundesregierung, dass das Gesetz über die nationale Sicherheit zu einer Erosion der den Hongkongern garantierten Freiheiten, Rechte und Rechtsstaatlichkeit führe, sagte die Sprecherin. Die chinesische Regierung müsse alles tun, um ihre internationalen Verpflichtungen mit Bezug auf Hongkong einzuhalten.

Kritik auch an der Europäischen Union

Der Kandidat für den CDU-Vorsitz, Norbert Röttgen, warf Peking vor, das Sicherheitsgesetz als „Waffe gegen die Demokratie“ zu benutzen. Unter Hinweis auf den mit dem chinesischen Staat geschlossenen Investitionsabkommen twitterte Röttgen, die EU dürfe „dessen Methoden, inklusive Vertragsbruch und Unterdrückung, nicht ignorieren“. Die Grünen-Politiker Margarete Bause und Jürgen Trittin sprachen von einem „Warnschuss für alle in der EU, die glauben, sich auf vage Zusagen der chinesischen Führung hinsichtlich der Einhaltung völkerrechtlicher Verpflichtungen verlassen zu können“.

Das Investitionsabkommen sei in dieser komplexen Angelegenheit nicht das geeignete Mittel, um Einfluss zu nehmen, sagte ein Sprecher der EU-Kommission. Unabhängig davon liefen Gespräche mit China, in denen auch demokratische Werte diskutiert würden.

Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages, Gyde Jensen (FDP), sah in der Attacke auf die Demokratiebewegung „eine vollkommen neue Dimension“. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping wolle die letzten Reste der Demokratie in Hongkong beseitigen. Auch sie übte Kritik am Investitionsabkommen.

Die Polizei sprach von 45 festgenommenen Männern und 8 Frauen zwischen 23 und 79 Jahren. Unter ihnen waren nach Medienberichten ehemalige Abgeordnete wie Lam Cheuk-ting, Andrew Wan, Alvin Yeung sowie der bekannte Aktivist Benny Tai. Zudem wurde die Wohnung des prominenten Aktivisten Joshua Wong durchsucht, der bereits wegen der illegalen Organisation eines Protests im Gefängnis sitzt.

Seit dem 1. Juli 1997 gehört die frühere britische Kolonie Hongkong wieder zu China und wird nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ als eigenes Territorium regiert. Vereinbart ist eigentlich, dass die sieben Millionen Menschen dort bis 2047 „ein hohes Maß an Autonomie“ und viele Freiheiten genießen. Im Juli trat jedoch ein neues Sicherheitsgesetz in Kraft, Kritiker reden nun von „ein Land, ein System“.

DPA