Heusgen: Scholz' Ablehnung von Taurus-Lieferungen „immer unverständlicher"
Vor dem Hintergrund der US-Lieferung von ATACMS-Raketen an die Ukraine hat Heusgen die zögerliche Haltung von Kanzler Scholz bei Taurus-Lieferungen kritisiert. Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz fordert ein Umdenken.
Christoph Heusgen, Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz / Photo: DPA (DPA)

Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angesichts der US-Lieferung von ATACMS-Raketen an die Ukraine aufgefordert, sein Nein zur Abgabe von Taurus-Marschflugkörpern zu überdenken. „In dem Zusammenhang wird die Entscheidung des Kanzlers, die Taurus-Raketen nicht an die Ukraine zu liefern, immer unverständlicher“, sagte Heusgen den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Samstagsausgaben). „Wir erleben ja gerade, wie ähnliche US-Waffen – die ATACMS – große Wirkung entfalten.“

Es hätte längst mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten an dem Taurus-System begonnen werden können, um es ohne Entsendung von Bundeswehrsoldaten zum Einsatz zu bringen, sagte Heusgen weiter. Stattdessen werde eine „gefühlte Ewigkeit“ mit einer solchen Entscheidung gewartet.

„In den letzten Wochen mussten wir Europäer schmerzlich realisieren, dass unsere Waffenlieferungen an die Ukraine nicht ausreichen, die brutale russische Aggression aufzuhalten“, sagte Heusgen. Es stellten sich Fragen, ob die anhaltende russische Aggression gegen die Ukraine sowie das lange Zaudern der USA nicht Anlass genug zum Umdenken seien. Nur wenn der Präsident Wladimir Putin zur Überzeugung gelange, dass er diesen Krieg nicht gewinnen könne, werde er sich auf Verhandlungen einlassen.

Washington hatte am Mittwoch die Lieferung von Kurzstreckenraketen vom Typ ATACMS mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern an die Ukraine bekanntgegeben. Zuvor hatten die USA nur ATACMS mit einer Reichweite von 165 Kilometern geliefert.

Der Taurus hat eine Reichweite von mehr als 500 Kilometern. Damit könnte der Marschflugkörper russisches Staatsgebiet von der Ukraine aus erreichen und etwa dortige Waffendepots und Kommandozentralen zerstören.

Der mögliche Beschuss von russischem Staatsgebiet ist ein Grund für Scholz, der Lieferung nicht zuzustimmen. Als weiteren Grund nennt Scholz die aus seiner Sicht bestehende Notwendigkeit deutscher Beteiligung bei der Zielführung der Marschflugkörper, durch die Bundeswehr-Angehörige direkt bei Einsätzen involviert wären. Befürworter von Taurus-Lieferungen weisen diese Argumente zurück.

AFP