Bundestagsabgeordnete haben Nebeneinkünfte in Höhe von 35 Millionen Euro
Laut einer Auswertung der Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de summieren sich die Nebeneinkünfte der Bundestagsabgeordneten auf 35 Millionen Euro. Es sei auffällig, dass es nach der Maskenaffäre viele Nachmeldungen gegeben habe.
Symbolbild: Zahlreiche Banknoten zu 10, 20 und 50 Euro liegen auf einem Tisch. (DPA)

Abgeordnete des Bundestags haben im Verlauf dieser Legislaturperiode mindestens 35 Millionen Euro als Nebeneinkünfte erhalten – zusätzlich zu ihren Bundestagsdiäten. Das Geld stamme oftmals von Unternehmen und Lobbyverbänden, bei denen sie Posten innehaben: Dies geht aus einer am Donnerstag vorgelegten Auswertung hervor, welche die Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de gemeinsam mit dem „Spiegel“ erstellt hat.

Besonders auffällig ist demnach die hohe Zahl von Abgeordneten, die zuletzt Einkünfte nach Bekanntwerden der Maskenaffäre nachmeldeten. Die Auswertung stützt sich auf Selbstauskünfte der Abgeordneten, die auf der Internetseite des Bundestags veröffentlicht werden.

Insgesamt 226 von 709 Abgeordneten gaben demnach an, einer bezahlten Nebentätigkeit nachzugehen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Fraktionen fallen hier sehr deutlich aus.

Den höchsten Anteil an Abgeordneten mit Nebeneinkünften weisen mit jeweils 51 Prozent die FDP und die CSU auf. Bei der CDU sind es 37 Prozent, bei der SPD 26 Prozent, bei der AfD 24 Prozent, bei der Linken 21 Prozent und bei den Grünen 15 Prozent.

Über die Nebeneinkünfte von Abgeordneten waren zuletzt wieder lebhafte Debatten geführt worden. Dafür hatte es zwei Auslöser gegeben – das Bekanntwerden profitabler Maskengeschäfte einzelner Abgeordneter sowie die verspätet bei der Bundestagsverwaltung gemeldeten Einkünfte von Grünen-Chefin Annalena Baerbock.

Dies führte in den vergangenen Wochen offenbar zu vermehrten Nachmeldungen: In den Monaten vor Bekanntwerden der Maskenaffäre seien die Angaben im Schnitt von zwölf Abgeordneten aktualisiert worden. Von März bis Juni waren es dann im Schnitt 19 - also rund 50 Prozent mehr. In der letzten Mai-Woche wurden sogar die Angaben von 37 Abgeordneten aktualisiert.

Nebeneinkünfte nähren Verdacht von Interessenkonflikten

Problematisch an Nebeneinkünften ist nach Einschätzung von abgeordnetenwatch.de vor allem, dass diese den Verdacht von Interessenkonflikten nähren. „Durch die Postenvergabe an Abgeordnete erkaufen sich Unternehmen einen exklusiven Zugang zur Politik“, erklärte die Sprecherin der Organisation, Clara Helming. „Dadurch entsteht der Eindruck, dass nicht bei allen Abgeordneten die Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt stehen.“

Laut Auswertung kassieren manche Abgeordnete zum Teil beträchtliche Summen aus der Wirtschaft. So erhielt die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) allein für einen Verwaltungsratsposten vom Schweizer Pharmahersteller Siegfried Holding AG monatlich zwischen 3500 und 7000 Euro. In diesem Jahr bekam sie von dem Unternehmen außerdem eine Zusatzzahlung in Höhe von mindestens 50.000 Euro.

Der frühere Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) kommt in der laufenden Legislaturperiode demnach auf Nebeneinkünfte in Höhe von mehr als einer Million Euro. Einen großen Teil seiner Nebeneinkünfte beziehe Ramsauer als Berater von vier unbekannten Mandanten.

Die Liste der Nebeneinkünfte wird wie in den Vorjahren von Freiberuflern und Selbstständigen angeführt. Die Transparenzorganisation verweist darauf, dass es sich in diesen Fällen um Brutto-Einkünfte handelt, von denen die Empfänger noch Personal- und Sachkosten bestreiten müssen.

An der Spitze der Liste steht der Steuerberater Sebastian Brehm (CSU) mit Nebeneinkünften von mindestens 5,15 Millionen Euro. Es folgt der Landwirt Hans-Georg von der Marwitz (CDU) mit mindestens 2,7 Millionen Euro, der Unternehmer Carl-Julius Cronenberg (FDP) mit mindestens 2,48 Millionen Euro, der Landwirt Albert Stegemann (CDU) mit mindestens 1,76 Millionen Euro und der Rechtsanwalt Enrico Komning (AfD) mit mindestens 1,17 Millionen Euro. Die Angaben beziehen sich auf die Zeit seit Beginn der Legislaturperiode 2017.

AFP