9-Euro-Ticket-Nachfolger: Bayern will sich nicht an Kosten beteiligen
Vor dem Auslaufen des 9-Euro-Tickets ist zwischen Bund und Ländern eine Finanzierungsdebatte über einen möglichen Nachfolger entbrannt. Bayern pocht darauf, dass der Bund allein die Kosten übernimmt.
05.07.2022, Hessen, Frankfurt/Main: Eine Frau zieht sich an einem Fahrschein-Automaten ein 9-Euro-Ticket. (DPA)

Gut drei Wochen vor dem Auslaufen des 9-Euro-Tickets ist zwischen Bund und Ländern eine Debatte über die Kostenteilung für einen möglichen Nachfolger des Fahrscheins entbrannt. Bayern pocht darauf, dass der Bund allein die Kosten für ein Nachfolgeangebot im Nah- und Regionalverkehr übernimmt. Andere Länder signalisierten dagegen die Bereitschaft zur Mitfinanzierung. Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) sagte der Deutschen Presse-Agentur am Samstag, „in dieser außergewöhnlichen Situation muss der Bund für weitere Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger sorgen – und zwar ausschließlich der Bund“. Schließlich zahlten die Länder bereits für etliche Entlastungsmaßnahmen des Bundes mit, „obwohl sie diese nicht angestoßen haben“. Zuvor hatte die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Maike Schaefer (Grüne) erklärt, die Länder seien bereit, ein Nachfolgeangebot zum 9-Euro-Ticket mitzufinanzieren. Voraussetzung für eine solche Entscheidung wären aber Fakten, die Bundesminister Volker Wissing (FDP) bisher schuldig bleibe, sagte die Bremer Mobilitätssenatorin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Bayern zeigte bereits bei Einführung des 9-Euro-Tickets Widerstand Das befristete 9-Euro-Ticket wurde zur Entlastung der Menschen in Deutschland angesichts steigender Preise von der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP eingeführt. Es gilt von Juni bis August in Bussen und Bahnen des Nah- und Regionalverkehrs und kostet pro Monat 9 Euro. Schon vor dem Start des Sondertickets gab es Streit über die Finanzierung. Widerstand kam unter anderem lange aus Bayern. Der Bund steuert für die aktuelle Rabattaktion unter anderem 2,5 Milliarden Euro als Ausgleich für Einnahmeausfälle der Verkehrsanbieter bei. Die Länder fordern generell mehr Bundesgeld für den ÖPNV. „Die Länder haben schon beim Corona-Rettungsschirm bewiesen, dass sie grundsätzlich bereit sind, sich substanziell zu beteiligen“, sagte Schaefer. Ähnlich äußerte sich der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Oliver Krischer: „Wir sind zu Gesprächen über die kurzfristige Verlängerung und eine dauerhafte Nachfolgeregelung bereit“, sagte der Grünen-Politiker der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. Als offene Fragen nannte Schaefer die Kosten für ein Nachfolgeticket, ob dieses bundesweit gelte und wie hoch der Länderanteil konkret sein solle. „Wenn Minister Wissing schon im September ein Nachfolgeticket am Start haben will, sollte er jetzt schleunigst liefern“, sagte die Grünen-Politikerin. Wissing ist offen für eine Fortführung des 9-Euro-Tickets. Seinem Ministerium zufolge ist für ein Nachfolgemodell aber die Bereitschaft der Länder mitentscheidend, sich finanziell zu beteiligen. Minister Bernreiter forderte eine Fortsetzung des Tankrabatts Der bayerische Minister Bernreiter forderte eine Fortsetzung des Tankrabatts, da gerade Menschen auf dem Land vom 9-Euro-Ticket kaum oder gar nicht profitierten. „Natürlich begrüße ich es, wenn Bus und Bahn attraktiver werden. Dazu gehören aber zwingend Investitionen, um den laufenden Betrieb zu stärken.“ Der Bund müsse deshalb die so genannten Regionalisierungsmittel erhöhen. „Grundsätzlich wäre dann auch ein 365-Euro-Ticket im Sinne der Verkehrswende wünschenswert.“ Die SPD-Fraktion pocht indes auf eine Beteiligung der Länder an den Kosten. Es müsse klar sein, dass nicht allein der Bund die Finanzierung übernehmen könne, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Detlef Müller, der dpa. „Zudem muss gesichert sein, dass die notwendige Stabilisierung des Betriebs in Folge von Kostensteigerungen sowie der Ausbau des Angebotes im ÖPNV nicht hinten anstehen dürfen.“ Außerdem dürfe ein Nachfolgeticket bestehende günstigere Sozialtickets nicht ersetzen. „Zur Finanzierung des Bundesanteils für eine Nachfolgeregelung ist ein Abbau beziehungsweise eine Reduzierung von klimaschädlichen Subventionen im Bereich des Straßenverkehrs ein gangbarer Weg.“ FDP gegen Abschaffung der pauschalen Versteuerung von Dienstwagen Bundesfinanzminister Christian Lindner stemmt sich gegen den Vorschlag der Grünen, die pauschale Versteuerung von Dienstwagen abzuschaffen, um einen Nachfolger für das 9-Euro-Ticket zu finanzieren. „Es ist schon linke Polemik, die pauschale Versteuerung eines Geschäftswagens als Privileg zu bezeichnen, denn es ist vor allem eine Steuervereinfachung“, sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Die Idee der Grünen würde aus seiner Sicht mehrere Millionen Bürger dazu zwingen, ein Fahrtenbuch zu führen, ohne dass unter dem Strich für den Staat Mehreinnahmen herauskämen. Untersuchungen hätten ergeben, dass die Pauschalversteuerung keinen Steuervorteil bedeute, sagte Lindner. Eine Steuersubvention bei Dienstfahrzeugen gebe es dagegen zum Beispiel bei Elektroautos. „Die ist in meinen Augen aber sinnvoll, weil damit klimafreundliche Neufahrzeuge als Geschäftswagen in die Flotte kommen, die wenig später gute und günstige Gebrauchtwagen sind“, sagte Lindner. Führende Politiker der Grünen hatten in einem Konzeptpapier zwei Tickets als Nachfolger für das 9-Euro-Ticket vorgeschlagen: ein Regionalticket für 29 Euro und ein bundesweit gültiges Ticket für 49 Euro im Monat. Beide sollen weiterhin nur für den Nah- und Regionalverkehr gelten. Zur Finanzierung wollen die Grünen das Dienstwagenprivileg beschneiden, mit dem Unternehmen Kosten für Firmenwagen steuerlich absetzen können. Vor allem der CO2-Ausstoß soll dabei stärker berücksichtigt werden.

DPA