Ukraine: Selenskyj beharrt nicht mehr auf Nato-Mitgliedschaft
Der ukrainische Präsident Selenskyj dringt nicht länger auf einen schnellen Nato-Beitritt. Stattdessen will er Sicherheitsgarantien für sein Land. Beim Status von Separatisten-Gebieten zeigt er sich gesprächsbereit.
Ukraine: Selenskyj beharrt nicht mehr auf Nato-Mitgliedschaft (DPA)

Die Ukraine dringt nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht länger auf eine Nato-Mitgliedschaft. Er habe seine Haltung zu dieser Frage „schon vor einiger Zeit abgemildert“, da die Nato offenbar nicht bereit sei, „die Ukraine zu akzeptieren“, sagte Selenskyj in einem am Montagabend ausgestrahlten Interview des US-Senders ABC. Als weiteres Zugeständnis an Moskau erklärte er sich zu einem „Kompromiss“ über den Status der Separatisten-Gebiete Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine bereit.

Selenskyj will nicht um einen Nato-Beitritt „betteln“

Der von der Ukraine angestrebte Nato-Beitritt war nach Angaben Russlands einer der Hauptgründe für die Invasion. Kreml-Chef Wladimir Putin verlangt einen „neutralen“ Status für die Ukraine. Moskau gibt an, sich durch die Nato-Osterweiterung bedroht zu fühlen. Selenskyj äußerte sich enttäuscht über die Nato. „Das Bündnis hat Angst vor allem, was kontrovers ist, und vor einer Konfrontation mit Russland“, beklagte Selenskyj in dem ABC-Interview. Er wolle nicht der Präsident eines Landes sein, „das auf Knien“ um einen solchen Beitritt „bettele“. Der außenpolitische Berater von Selenskyj, Ihor Tschowka, zeigte sich indessen gesprächsbereit über eine mögliche Neutralität seines Landes. „Solche Fragen ließen sich in Verhandlungen diskutieren, das ist durchaus möglich“, sagte er am Dienstagabend den ARD-„Tagesthemen“. „Aber solche Verhandlungen und eine mögliche Übereinkunft können erst zustande kommen, wenn die Kriegshandlungen aufgehört haben“, schränkte er ein.

Selenskyj beim Status von Separatisten-Gebieten gesprächsbereit

Russland hatte kurz vor dem Einmarsch in die Ukraine vor knapp zwei Wochen die von pro-russischen Rebellen ausgerufenen „Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine anerkannt. Putin verlangt, dass auch Kiew deren Unabhängigkeit anerkennt. Selenskyj sagte, er sei auch bei diesem Thema gesprächsbereit. „Ich spreche von Sicherheitsgarantien“, sagte er. Wenn es „um diese zeitweilig besetzten Gebiete“ gehe, die nur von Russland anerkannt würden, „können wir diskutieren und einen Kompromiss über die Zukunft dieser Gebiete finden“. „Was für mich wichtig ist, ist, wie die Menschen in diesen Gebieten leben werden und Teil der Ukraine sein wollen“, fügte Selenskyj hinzu. Diese Frage sei „komplexer als nur die Anerkennung dieser Gebiete“. Seine Regierung lehne „Ultimaten“ ab, betonte der ukrainische Präsident. Er rief Kreml-Chef Putin auf, einen Dialog zu beginnen, „anstatt in einer Blase zu leben“, sagte er.

AFP