„New York Times“ fällt auf Schwindler bei Podcast-Serie über Daesh rein
Die „New York Times“ ist offenbar einem Schwindler auf den Leim gegangen. In einer Podcast-Serie wurde einem Kanadier „zu viel Glauben geschenkt“, der sich fälschlicherweise als Kämpfer der Terrorgruppe ausgegeben hatte.
The New York Times building is seen on September 6, 2018 in New York. (AFP)

Die „New York Times“ hat schwere Fehler bei einem erfolgreichen Podcast über die Terrormiliz Daesh einräumen müssen: Die renommierte US-Zeitung ist offenbar auf einen Schwindler hereingefallen, der sich als Daesh-Kämpfer ausgegeben hatte. Die Zeitung schrieb am Freitag, der Podcast „Caliphate“ (Kalifat) habe „den falschen oder übertriebenen Schilderungen“ einer der zentralen Figuren „zu viel Glauben geschenkt“. „NYT“-Chefredakteur Dean Baquet sprach von „institutionellem Versagen“.

„Kalifat“ war 2018 ausgestrahlt worden. In dem preisgekrönten zwölfteiligen Podcast nimmt ein selbsternannter früherer Daesh-Kämpfer mit dem Kriegsnamen Abu Huzayfah breiten Raum ein. Der pakistanischstämmige Kanadier mit dem richtigen Namen Shehroze Chaudhry schilderte unter anderem mit grausamen Details, wie er in Syrien zwei Menschen hinrichtete. Er berichtete auch, Daesh-Kämpfer würden mit Puppen das Töten trainieren

Im September wurde Chaudhry allerdings in Kanada wegen der Vortäuschung terroristischer Aktivitäten festgenommen. Die „New York Times“ leitete daraufhin interne Untersuchungen zu dem Fall ein.

Ein Reporterteam habe dabei keinerlei unabhängige Belege dafür finden können, dass der Mann ein Daesh-Henker in Syrien gewesen sei, sagte „NYT“-Chefredakteur Baquet jetzt. Den Recherchen zufolge ist es sogar wahrscheinlich, dass Chaudhry nie in Syrien war. „Ich denke, dieser Kerl war ein Schwindler, der das meiste, wenn nicht sogar alles, was er uns erzählt hat, erfunden hat“, sagte Baquet.

Der Chefredakteur räumte schwere Versäumnisse bei der Überprüfung der Geschichte ein. Der Podcast wird aber nicht zurückgezogen, sondern mit Kontext versehen. Die verantwortliche Journalistin Rukmini Callimachi bleibt bei der „New York Times“, soll vorerst aber nicht mehr über Terrorismus-Themen schreiben. Sie sei eine „gute Reporterin“, sagte Baquet. Callimachi entschuldigte sich im Kurzbotschaftendienst Twitter für die Fehler in dem Podcast.

Der Fall sorgte beim scheidenden US-Präsidenten Donald Trump, über den die „New York Times“ immer wieder kritisch berichtet, für Häme. „Oh, sie machen das jeden Tag mit mir“, schrieb Trump auf Twitter. „Wann werden sie sich entschuldigen?“

AFP