Zwölf Geflüchtete nach Pushback an griechischer Grenze erfroren
Direkt an der griechischen Grenze sind zwölf Geflüchtete erfroren aufgefunden worden. Laut dem türkischen Innenminister Soylu hatten die griechischen Grenzeinheiten zuvor die Schutzsuchenden gewaltsam zurückgedrängt und ihnen die Kleidung entrissen.
Archivbild: Migranten in Griechenland (AFP)

In der Türkei sind am Mittwoch direkt an der griechischen Grenze zwölf Flüchtlinge erfroren aufgefunden worden, denen griechische Grenzbeamte nach türkischen Angaben Kleidung und Schuhe abgenommen hatten. „Zwölf von 22 Migranten, die von griechischen Grenzeinheiten zurückgedrängt wurden, ihrer Kleidung und Schuhe beraubt, sind erfroren“, schrieb Innenminister Süleyman Soylu im Online-Dienst Twitter. Er veröffentlichte auch verschwommene Fotos von leblosen Körpern.

Die Leichen der Flüchtlinge wurden in der Nähe des Dorfs Paşakoy an der türkisch-griechischen Grenze entdeckt, wie die Behörden in Edirne im Nordwesten der Türkei mitteilten. Elf der zwölf Flüchtlinge waren demnach bereits tot, als sie entdeckt wurden. Das zwölfte Opfer starb den Angaben zufolge in einem türkischen Krankenhaus.

Laut den von Soylu verbreiteten Bildern lagen die Toten teilweise leicht bekleidet am Rand eines schlammigen Weges. Nach Angaben des türkischen Wetterdienstes herrschten in der Region in der Nacht zum Mittwoch Temperaturen um den Gefrierpunkt. „Die Europäische Union ist machtlos, schwach und unmenschlich“, schrieb der türkische Innenminister in seinem Tweet.

Ankara wirft den griechischen Behörden regelmäßig vor, Flüchtlinge illegal von der EU-Außengrenze zurückzudrängen und zurück in die Türkei zu schicken. Im Februar und März 2020 waren zehntausende Migranten an der Landgrenze zwischen den beiden Ländern gestrandet. Griechenland hinderte sie am Grenzübertritt in die EU und warf der Türkei vor, die Flüchtlinge angeblich absichtlich an die Grenze geholt und durchgelassen zu haben. Die Türkei wies die Vorwürfe entschieden zurück.
Fünf Millionen Flüchtlinge in der Türkei
In der Türkei leben derzeit nach offiziellen Angaben fast fünf Millionen Flüchtlinge, davon fast vier Millionen aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Ein Abkommen mit der EU von 2016 sieht vor, dass die Türkei die Zahl der Flüchtlinge begrenzt, die über ihr Staatsgebiet in die EU kommen. Im Gegenzug soll die Türkei EU-Finanzhilfen erhalten.

Medien und Nichtregierungsorganisationen hatten in den vergangenen Monaten mehrere Berichte über sogenannte Pushbacks von Migranten an der Grenze zwischen Griechenland und der Türkei veröffentlicht. Die EU-Kommission forderte Griechenland im Oktober auf, den Vorwürfen nachzugehen.

Im Dezember war es in der Ägäis zudem zu mehreren Bootsunglücken gekommen, bei denen mindestens 30 Migranten ums Leben kamen. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu hat die türkische Küstenwache im vergangenen Jahr 15.000 Menschen gerettet, die von Griechenland zurückgedrängt wurden.

Nach Schätzungen des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) sind im vergangenen Jahr mehr als 2500 Migranten auf dem Seeweg nach Europa ums Leben gekommen. Seit 2015 haben fast eine Million Menschen, hauptsächlich Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien, von der Türkei aus griechische Inseln und damit die EU erreicht.

AFP