Am kommenden Dienstag versammelt sich auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz die sogenannte Ukraine-Kontaktgruppe, um einmal mehr über die militärische Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland zu beraten. Seit Russland am 24. Februar 2022 die Ukraine überfiel, unterstützen die westlichen Verbündeten das osteuropäische Land mit immer komplexeren Waffensystemen und Militärhilfen, die gigantische Summen verschlingen. Ein Überblick:
Kiews Verbündete in EU und Nato haben seit Beginn des russischen Angriffskriegs bis zum 31. Juli 2023 die Summe von knapp 95 Milliarden Euro an Militärhilfen für das Land bereitgestellt. Das geht aus Daten des Ukraine Support Trackers des Kiel Institut für Weltwirtschaft hervor.
Europäische Länder schicken Hilfen im Wert von 50,6 Milliarden Euro
Die europäischen Länder haben dabei erstmals mit 50,6 Milliarden Euro die USA mit 42,1 Milliarden Euro überholt. Allerdings sind die Hilfen der Europäer zum Teil langfristig ausgelegt, die kurzfristigen Hilfen belaufen sich auf 35,4 Milliarden Euro. Als zweitgrößter Einzelgeber von Militärhilfen folgt Deutschland mit 17,1 Milliarden Euro - eine Steigerung von zehn Milliarden Euro im Vergleich zum Mai.
Auf Platz drei liegt das Vereinigte Königreich mit rund 6,6 Milliarden Euro, gefolgt von den EU-Institutionen (5,6 Milliarden Euro) und Norwegen (3,7 Milliarden Euro).
Wird die Höhe der Hilfen in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) gesetzt, dann waren die großzügigsten Länder die drei ehemaligen Sowjetrepubliken des Baltikums: Estland, Lettland und Litauen sowie Norwegen und Dänemark. Ihre Unterstützung für die Ukraine verschlang zwischen 1,1 und 1,7 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts. Darin eingerechnet sind neben Militärhilfen auch humanitäre Hilfsgelder, nicht jedoch der Anteil an den EU-Beihilfen. Die bilaterale Hilfe der USA entspricht 0,3 Prozent des BIP, die Deutschlands 0,5 Prozent.
Vom Gewehr zum Marschflugkörper
Im ersten Monat nach dem russischen Überfall lieferte der Westen Kiew überwiegend Defensivwaffen, grundlegende Verteidigungsausrüstung wie kugelsichere Westen und leichte Waffen wie Gewehre. Um die Ukraine für die erwarteten Kämpfe in der Donbass-Region im Osten und im Süden des Landes zu rüsten, stellte der Westen im Frühjahr 2022 Artilleriegeschütze zur Verfügung.
Für eine Offensive der ukrainischen Armee, mit der es gelang, russische Kämpfer aus der Stadt Cherson zu vertreiben, folgten Haubitzen, Himars-Mehrfachraketenwerfer im Juni und das deutsche Luftabwehrsystem Iris-T, im Herbst dann das Raketenabwehrsystem Patriot aus den USA als Reaktion auf die zunehmende Bombardierung ukrainischer Städte mit Raketen und Kamikaze-Drohnen.
Im zweiten Kriegsjahr, dominiert von Grabenkämpfen an der Ostfront im Winter, wurden die Waffen schwerer. Deutschland gab Ende Januar der Bitte von Präsident Wolodymyr Selenskyj nach, moderne Leopard-2-Panzer zu liefern. Die USA steuerten Präzisionsbomben mit Raketenantrieb bei, Großbritannien lieferte Marschflugkörper.
Nach Angaben von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wurden bis Ende April 230 Panzer westlicher Herstellung sowie 1550 gepanzerte Fahrzeuge an die Ukraine geliefert. Insgesamt waren es laut Kiel Institut bis Ende Mai 471 Panzer, 379 Haubitzen und 177 Raketenwerfer. London versprach zudem im Mai, Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow. Die Bundesregierung hat sich indes noch nicht entschieden, ob Deutschland die von Kiew angefragten Taurus-Marschflugkörper liefern wird.
Deutschland hat der Ukraine 20 weitere Schützenpanzer vom Typ Marder zur Verfügung gestellt. Das geht aus der am Mittwoch aktualisierten Liste der Bundesregierung zur Militärhilfe für die Ukraine hervor. Demnach erhält die Ukraine auch zwei Minenräumpanzer vom Typ Wisent. Zum Paket gehören zudem 1,2 Millionen Schuss Munition für Handfeuerwaffen sowie 3000 Schuss Artilleriemunition vom Kaliber 155 Millimeter. Zudem wurden 20 Drohnen sowie schwere und leichte Fahrzeuge an die Ukraine übergeben.
F-16 und Streumunition
Seit Anfang des Jahres forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wiederholt moderne Kampfjets von seinen Verbündeten, um die inzwischen im Juni begonnene Gegenoffensive der Ukraine aus der Luft zu unterstützen. Nach anfänglichen Befürchtungen einer Eskalation des Krieges gab US-Präsident Joe Biden im Mai grünes Licht für die Ausbildung ukrainischer Piloten an F-16-Kampfflugzeugen. Die Niederlande und Dänemark sagten im August die Lieferung von insgesamt 61 der Kampfjets zu, die voraussichtlich Anfang 2024 eingesetzt werden können.
Die von London versprochenen Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow sind auch als Scalp bekannt und ein britisch-französisches Gemeinschaftsprojekt. Sie können über eine Distanz von mehr als 250 Kilometern treffen. Im Juli verlautete aus Paris, dass auch Frankreich der Ukraine diese Marschflugkörper zur Verfügung stelle und bereits die ersten Raketen geliefert habe.
Ebenfalls im Juli entschied sich Washington trotz großer Bedenken anderer westlicher Verbündeter und trotz heftiger Kritik von Menschenrechtsorganisationen, der Ukraine umstrittene und in mehr als hundert Staaten geächtete Streumunition zu liefern.