Solidaritäts-Bundespresseball ohne Minister – Kritik von Botschafter Melnyk
Am jüngsten Bundespresseball der Hauptstadtjournalisten hat kein Kabinettsmitglied teilgenommen. Kiews Botschafter Melnyk kritisierte die Bundesregierung für ihr weitgehendes Fehlen beim Ball, der im Zeichen der Solidarität mit der Ukraine stattfand.
29.04.2022, Berlin: Andrij Melnyk, Botschafter der Ukraine in Deutschland, spricht zu Beginn des Dinners des 69. Bundespresseballs im Hotel Adlon. (DPA)

Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat die Bundesregierung für ihr weitgehendes Fehlen beim Bundespresseball der Hauptstadtjournalisten kritisiert. Der Ball werde in diesem Jahr als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine präsentiert und er danke den deutschen Medien ausdrücklich für ihre dringend notwendige Berichterstattung über den Krieg Russlands gegen sein Heimatland, sagte Melnyk am Freitagabend bei der Eröffnung des Balls im Berliner Hotel Adlon am Brandenburger Tor. „Umso mehr finde ich es schade, dass viele Politiker hauptsächlich durch ihre Abwesenheit glänzen. Doch wenn sie hoffen, dass sie dadurch kritischen Fragen entgehen, dann irren sie sich.“
Nachdem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Teilnahme am „Solidaritätsball“ abgesagt hatte, hatten auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und weitere Minister ihre Zusagen zurückgezogen, so dass letztlich kein Kabinettsmitglied kam. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nahm nicht teil, er sollte erst am Freitag von einer Reise nach Japan zurückkehren.
Melnyk sagte an die Adresse der Journalisten: „Wenn ein Krieg lange dauert, droht die Aufmerksamkeit der Medien nachzulassen. Ich bitte Sie daher, verlieren Sie nicht das Interesse an dem, was der Ukraine angetan wird, sonst sterben die Menschen unbemerkt. Und wenn Menschen unbemerkt sterben, dann stirbt auch die Wahrheit.“ Außerdem dankte Melnyk der Presse für ihre kritischen Fragen zu der „zögerlichen“ Haltung der Bundesregierung beim Thema der Waffenlieferungen an die Ukraine. Ohne den Druck der Medien auf Bundesregierung und Bundestag wäre die „Zeitenwende“ nicht möglich gewesen. Die Ukraine brauche die Waffen, um ihre Existenz nicht zu verlieren.
Rund 1800 Journalisten, Verleger, Moderatoren, Manager, Lobbyisten und Politiker feierten den 69. Bundespresseball, der wegen der Corona-Pandemie mehrfach verschoben worden war. Darunter waren auch der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil, der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang, die Bundestags-Vizepräsidenten Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Wolfgang Kubicki (FDP) sowie Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Außerdem Staatssekretäre, Fraktionsvorsitzende und Bundestagsabgeordnete. Dabei war auch die Sängerin Natalia Klitschko, Ehefrau von Vitali Klitschko, dem früheren Profi-Boxer und aktuellen Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
Viele Besucher trugen Anstecker oder Schleifen in blau-gelb, den Nationalfarben der Ukraine. Ukrainische Künstler traten auf. Die Gäste wurden aufgefordert, Geld für die Unterstützung ukrainischer Journalisten zu spenden. Das Hotel Adlon sollte nachts in Blau-Gelb angestrahlt werden.

DPA