DGB-Chefin Yasmin Fahimi kritisiert Missstände bei der sozialen Infrastruktur in Deutschland und fordert Milliardeninvestitionen. „Wir müssen die soziale Infrastruktur ausbauen“, sagte Fahimi der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Dafür pochte die Gewerkschafterin auf Steuererhöhungen.
„Wir sind im Pflegenotstand, wir laufen auf eine Bildungskatastrophe zu, wenn nicht endlich mehr investiert wird“, sagte Fahimi. „Im Gesundheitswesen klappen uns die Krankenhäuser zusammen, wenn jetzt die Weichen nicht richtig gestellt werden.“ Überall dort gebe es auch extremen Fachkräftemangel. „In der Folge zerreißt es uns auch im sozialen Zusammenhalt. Deshalb sind diese Investitionen existenziell – auch für unsere Demokratie.“
Erhöhung des Spitzensteuersatzes
Bis jetzt sei Deutschland durch alle Krisen mit dem Ergebnis gegangen, „dass immer mehr Menschen an der Armutsgrenze leben und einige wenige Menschen immer reicher werden“. Für mehr Verteilungsgerechtigkeit sei eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent und eine Anhebung des Grundfreibetrages auf 14.500 Euro nötig. „Das entlastet die geringeren Einkommen und fordert von den Spitzenverdienern einen höheren Beitrag zum Gemeinwohl ein.“
Heute gilt ein Spitzensteuersatz von 42 Prozent, der im Moment ab einem zu versteuernden Einkommen von 62.810 Euro greift. Der steuerliche Grundfreibetrag - also das Einkommen, bis zu dem keine Steuer gezahlt werden muss - beträgt 10.908 Euro.
Ausbau der sozialen Infrastruktur
Bisher könne sich die Bilanz der Regierung sehen lassen - so seien eine Krise in der Energieversorgung im vergangenen Jahr abgewendet und mit den Entlastungspaketen hohe Milliardensummen investiert worden. „Wir brauchen jetzt die gleiche Entschlossenheit und Dynamik in der Zukunfts- und Transformationsgestaltung“, sagte Fahimi. „Da sind große Lösungen gefragt, kein parteipolitisches Kleinklein und kein unfruchtbarer Streit“, so die DGB-Chefin an die Adresse der Ampel-Koalition.
„Wir werden die Regierung daran messen, ob sie die zentralen Sachthemen voranbringt: den technischen, klimaneutralen Umbau unserer Wirtschaft, Investitionen der öffentlichen Hand in die Infrastruktur bei Verkehr, Energie und Digitalisierung“, sagte Fahimi. „Es geht aber genauso um den Ausbau der sozialen Infrastruktur, die Stärkung der Familien und des gesellschaftlichen Zusammenhalts.“ Falsch sei es daher, „mitten in der Transformation auf die Schuldenbremse zu pochen“.
Mehr sozialen Ausgleich brauche es auch bei der Förderung von Familien. „Deswegen erwarte ich eine Kindergrundsicherung, die tatsächlich einen gerechten und fairen Sockelbetrag für alle Familien vorsieht“, sagte Fahimi. „Ein Sockelbetrag in der Kindergrundsicherung muss höher liegen als der heutige Regelbedarfssatz für Kinder im Bürgergeld und ohne Antrag automatisch ausgezahlt werden.“ Soziale Härtefälle müssten dann noch einmal besonders berücksichtigt werden.