Justizreform in Israel: Scharfe Kritik aus Deutschland
Die jüngst verabschiedete Justizreform in Israel sorgt auch in Deutschland für Kritik. Politiker von CDU, SPD und FDP werfen Netanjahu vor, die israelische Demokratie zu schwächen. „Es sollten mehr als klare Worte folgen“, sagte Kiesewetter (CDU).
Proteste in Israel / Photo: DPA (DPA)

Politiker aus den Parteien CDU, SPD und FDP haben im Bezug auf die Justizreform in Israel scharfe Kritik an der dortigen Regierung geäußert und die Bundesregierung zum Handeln aufgefordert. „Aus Deutschland sollten mehr als klare Worte erfolgen“, sagte etwa CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter dem „Tagesspiegel“ (Mittwoch). Es könne „beispielsweise das Gespräch mit dem israelischen Botschafter gesucht“ werden, schlug Kiesewetter vor.

Die Verabschiedung der sogenannten Angemessenheitsklausel durch die Knesset am Montag sei „bitter“, sagte der CDU-Abgeordnete.

Das israelische Parlament hatte ungeachtet anhaltender Proteste im Land am Montag einen entscheidenden Teil der Justizreform der Regierung von Benjamin Netanjahu gebilligt. Die Knesset verabschiedete mit den Stimmen der rechts-religiösen Regierungsmehrheit die sogenannte Angemessenheitsklausel, die dem Obersten Gericht die Möglichkeit nimmt, Regierungsentscheidungen als „unangemessen“ einzustufen und sie außer Kraft zu setzen.

Umstrittene Angemessenheitsklausel

Die Angemessenheitsklausel ist einer der umstrittensten Bestandteile der Justizreform. Diese zielt darauf ab, die Befugnisse der Justiz und des Obersten Gerichts einzuschränken und die Stellung des Parlaments und des Ministerpräsidenten zu stärken.

Der FDP-Außenpolitiker Ulrich Lechte sagte, „unter Freunden müsse man darauf hinweisen, dass Israel mit der Justizreform einen falschen Weg einschlägt“. Zur Demokratie gehöre „die Gewaltenteilung und die Beschränkung der Macht der Regierung“. Israel werde durch die Reformen „leider etwas weniger demokratisch“, sagte Lechte dem „Tagesspiegel“. Es sei angesichts der politischen Spaltung im Land “umso unverständlicher, warum man solch eine umstrittene und unnötige Reform gegen eine breite Front von Demonstranten durchsetzen muss“.

Der frühere Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Reinhold Robbe (SPD), zeigte sich über die Entwicklungen in Israel enttäuscht. Die Entmachtung des Obersten Gerichtes hat Robbe zufolge zwei Ziele: Für die Ultraorthodoxen und Rechtsradikalen sei es der Einstieg in einen totalitären „Gottesstaat“, der in eine Diktatur zu münden drohe. „Und Netanjahu ist jedes Mittel recht, um eine Anklage wegen Korruption und Machtmissbrauch abzuwenden“, sagte Robbe.

Die über 75 Jahre in Israel entwickelte „vorbildliche Demokratie“ werden „von Netanjahu jetzt mit Füßen getreten“, sagte Robbe. Notwendig sei jetzt eine massive Unterstützung der Demokratie-Aktivisten in Israel, forderte er.

AFP