Die Videoplattform Youtube muss das Verfolgen von Raubkopierern höchstwahrscheinlich nicht durch die Herausgabe von Nutzerdaten wie E-Mail-Adresse, Telefonnummer oder IP-Adresse ermöglichen. Das zeichnete sich am Donnerstag in einer Verhandlung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe ab. Das Urteil soll in den nächsten Wochen oder Monaten verkündet werden. (Az. I ZR 153/17)
Geklagt hat der Filmverleiher Constantin. Er will Schadenersatz von drei Nutzern, die 2013 und 2014 die Kinofilme „Parker“ und „Scary Movie 5“ bei Youtube eingestellt hatten. Dort wurden sie tausendfach abgerufen. Aber die Verantwortlichen verbergen sich hinter Decknamen. Und anders als in Internet-Tauschbörsen hinterlassen Nutzer auf Plattformen wie Youtube nicht sichtbar ihre IP-Adresse.
Eine 1990 ins noch ältere Urheberrechtsgesetz eingefügte Vorschrift verpflichtet den Betreiber aber nur zur Herausgabe von „Namen und Anschrift“. Auch die zugrundeliegende EU-Richtlinie spricht lediglich von „Namen und Adressen“. Allerdings werden oft Falschangaben gemacht und Fantasienamen gebraucht. Deswegen ist es meist schwierig, an die Nutzer heranzukommen, die illegal Material hochladen.
Die BGH-Richter sind der Meinung, dass damit heutzutage auch E-Mail-Adressen und sogar Telefonnummern gemeint sein könnten – schließlich schreiben sich die Leute übers Smartphone auch Nachrichten. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH), dem sie den Fall vorgelegt hatten, aber inzwischen ausgeschlossen. Damit ist der Ausgang vorgezeichnet.
Der BGH ist bei seiner Entscheidung an die Vorgaben aus Luxemburg gebunden. Der Vorsitzende Richter Thomas Koch machte in der Verhandlung am Donnerstag bereits deutlich, dass er nicht viel Spielraum sieht, Youtube zu weiteren Auskünften zu verpflichten. Ein Termin für die Urteilsverkündung steht noch nicht fest.
Der Anwalt von Constantin kritisierte, damit laufe der Auskunftsanspruch ins Leere. Youtube kenne weder die echten Namen noch die Anschriften. Der Anwalt von Youtube entgegnete, das Problem komme gar nicht mehr vor, seit die Plattform das System „Content ID“ einsetze. Das ist eine speziell entwickelte Software, die überprüft, ob hochgeladene Videos mit geschützten Werken übereinstimmen.
Das Landgericht Frankfurt am Main hatte die Klage des Filmverwerters abgewiesen. Im Berufungsverfahren entschied das Oberlandesgericht dann, dass Youtube die E-Mail-Adressen herausgeben muss. Beide Seiten legten beim BGH Revision ein, der das Verfahren im Februar 2019 aussetzte und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg um Auslegung des EU-Rechts bat. Dieser entschied, dass Youtube grundsätzlich nur die Postadresse herausgeben muss. Mitgliedsstaaten könnten Rechteinhabern aber weitergehende Ansprüche einräumen.