Britische Gesetzgeber haben am Donnerstag dafür gestimmt, die Behandlung von Uiguren und anderen ethnischen und religiösen Minderheiten in Chinas Region Xinjiang als einen Völkermord zu bezeichnen. Der rechtlich nicht bindende, aber auf eine breite parteiübergreifende Mehrheit gestützte Antrag erhöht den politischen Druck auf die chinesische Regierung erheblich.
Die Resolution, die im House of Commons – dem Unterhaus des britischen Parlaments – angenommen wurde, forderte das Regime in Peking auf, seine „Verpflichtungen gemäß der Konvention zur Verhinderung und Bestrafung von Völkermord und allen relevanten Instrumenten des internationalen Rechts“ zu erfüllen, um dem Vorgehen in Xinjiang „ein Ende zu setzen“.
Zuvor hatten auch die USA erklärt, dass Chinas einen Genozid an den Uiguren begehe, ebenso Kanada und die Niederlande.
Für die britische Regierung kommentierte Außenminister Nigel Adams die Abstimmung. Er ging dazu namens des Kabinetts auf Distanz, weil Großbritanniens Regierung das Unterhaus nicht für die relevante Instanz erachte, um solche Einordnungen verbindlich zu treffen. Adams verwies stattdessen darauf, dass die „langjährige Position Großbritanniens, wie die vieler Länder auf der ganzen Welt“, sei, dass „die Bestimmung, ob eine Situation Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt, eine Frage für kompetente nationale und internationale Gerichte ist“.
Der ehemalige Vorsitzende der Konservativen Partei und Kritiker der britischen Regierung, Iain Duncan Smith, stimmte im Parlament den Aussagen von Adams zu. Die britische Regierung habe immer wieder gesagt, dass nur ein kompetentes Gericht einen Völkermord feststellen könne. Er, so Smith, verstehe das und das sei „absolut der ursprüngliche Plan“.
Jedoch gebe es in diesem Fall ein Problem. Es sei unmöglich, ein zu einer solchen Feststellung kompetentes Gericht zu erreichen: „Bei den Vereinten Nationen ist es unmöglich, zum Internationalen Strafgerichtshof durchzudringen, weil China das Statut nicht unterschrieben hat und sich deshalb nicht daran halten wird.“
Die konservative Abgeordnete Nus Ghani hatte den Antrag eingebracht, der dem Beschluss zugrunde lag. Während der Debatte im Parlament sagte sie, dass bei vielen das Wort „Völkermord“ für immer mit den Schrecken der Nazi-Konzentrationslager in Verbindung gebracht werde. Deshalb stimme sie ihren Kollegen zu, dass die einzigartige Bedeutung oder Kraft dieses Begriffs niemals durch eine falsche Anwendung geschmälert werden dürfe.
Aber es sei ein Missverständnis, so Ghani, dass Völkermord sich begrifflich auf den Akt Massentötung reduziere. „Das ist falsch“, sagte sie. „Alle fünf Kriterien des Völkermordes sind in Xinjiang nachweislich gegeben.“
Die Abgeordnete Layla Moran, die außenpolitische Sprecherin der Liberaldemokratischen Partei, sprach sich für eine unabhängige UN-Inspektion aus : „Wenn sich am Ende herausstellt, dass wir falsch lagen, weil ein unabhängiger UN-Inspektor hineingeht und seine Arbeit machen darf und es sich herausstellt, dass wir alle falsch lagen, dann würde ich das begrüßen.“ Moran würde lieber „lieber jetzt falsch liegen als später auf der falschen Seite der Geschichte zu stehen“, begründete sie ihre Position.
Nachdem das Unterhaus den Antrag angenommen hatte, sagte Ghani, der Versuch Chinas, das Parlament zum Schweigen zu bringen, sei nach hinten losgegangen: „Das gewählte Parlament hat gesprochen und sich entschieden, Schulter an Schulter zu stehen mit unseren internationalen Verbündeten, dem uigurischen Volk und all jenen, die sanktioniert wurden.“
Ghani gehört ihres Einsatzes für Menschenrechte in den Uigurengebieten wegen zu den von Peking sanktionierten Politikern.Sie selbst will sich dadurch nicht beeindrucken lassen: „Unsere hart erkämpfte parlamentarische Demokratie wird immer für das eintreten, was richtig ist, und frei von ausländischer Einmischung bleiben.“