Frankreich: Runder Tisch gegen Prügel-Image der Polizei
In den letzten Monaten wurden in Frankreich mehrfach Bilder von Polizeigewalt publik. Nun will die Regierung mit einem Runden Tisch das negative Image der Polizei verbessern. Die Gewerkschaft wertet das als PR-Coup und ist misstrauisch.
Frankreich, Paris: Polizisten begleiten einen Protest gegen ein geplantes neues Sicherheitsgesetz, mit dem Frankreichs Regierung die Polizei besser schützen will. (DPA)

Polizisten, die brutal auf einen schwarzen Mitbürger oder Flüchtlinge einprügeln - solche Bilder haben in Frankreich in den vergangenen Monaten für Entsetzen gesorgt. Polizei und Regierung wollen gegen das Prügel-Image vorgehen und starten am Montag Verhandlungen über eine Neuaufstellung der Sicherheitskräfte. Innenminister Gérald Darmanin will damit gegen eine Reihe von „Todsünden“ bei der Polizei vorgehen. Der Runde Tisch für mehr Sicherheit geht auf Präsident Emmanuel Macron zurück. Er hatte sich im November „sehr schockiert“ über Videoaufnahmen von Pariser Polizisten geäußert, die einen schwarzen Musikproduzenten in dessen Studio schlugen und traten - nicht ahnend, dass eine Überwachungskamera sie filmte. Eine „Schande“ für Frankreich, befand Macron. Bereits während der „Gelbwesten“-Proteste und bei Aktionen gegen Flüchtlinge war die französische Polizei immer wieder durch Gewalt aufgefallen. Fast 40 Prozent der Franzosen haben nach aktuellen Umfragen kein Vertrauen in die Sicherheitskräfte, bei 18- bis 30-Jährigen sind es sogar 50 Prozent. Fast die Hälfte aller jungen Leute halten die Polizei zudem für rassistisch. Mit den auf vier Monate angesetzten Verhandlungen will Macron aber auch die Sicherheitskräfte beruhigen: Diese sind voller „Wut“, weil sie sich zu Unrecht beschuldigt sehen, wie es in einem offenen Brief einer Polizeigewerkschaft an den Präsidenten heißt. Die Beamten klagen bereits seit Jahren über zu wenig Personal, eine mangelhafte Ausrüstung und Überlastung durch Anti-Terror-Einsätze. Neuerdings muss die Polizei auch noch kontrollieren, ob sich die Franzosen an die Ausgangsbeschränkungen und die Maskenpflicht in der Corona-Pandemie halten. Nach dem Willen von Innenminister Darmanin sollen die Gespräche mit Polizeigewerkschaften, Politikern, Anwälten und Vertretern der Zivilgesellschaft in ein „groß angelegtes Gesetz für innere Sicherheit“ münden, das möglichst vor der Präsidentschaftswahl im Mai 2022 verabschiedet werden soll. Darmanin hat „sieben Todsünden“ bei der Polizei ausgemacht. Dazu zählt laut dem ehrgeizigen 38-Jährigen vor allem eine zu kurze Grundausbildung. Sie war nach den Anschlägen von 2015 von zwölf auf acht Monate verkürzt worden, um schneller Einsatzkräfte zur Verfügung zu haben. Zudem fehlt es laut dem Minister an Führungskräften bei Einsätzen „auf dem Terrain“, also bei Demonstrationen oder in Vorstädten. Hier hatte sich die Polizei oft kopflos gezeigt. Auch die Generalinspektion der Polizei will Darmanin reformieren. Sie steht in der Kritik, weil selbst nach Einsätzen mit Todesfolge nur selten Beamte belangt wurden. Die Polizeigewerkschaften sind misstrauisch, sie wittern einen PR-Coup der Regierung. Zwei von ihnen drohten sogar mit einem Boykott der Verhandlungen. Die Interessenvertreter der rund 140.000 Polizisten und Polizistinnen in Frankreich wollen bei den Gesprächen vor allem auf mehr Geld für die Sicherheitskräfte dringen. Auch Darmanin fordert eine Milliarde Euro zusätzlich. Der Innenminister will marode Dienststellen auf Vordermann bringen, neue Autos und Body-Cams für die Polizisten anschaffen. Doch die Staatskassen sind leer, das Corona-Hilfspaket in Frankreich verschlingt 100 Milliarden Euro.

AFP