Das sogenannte Mahnmal soll an die Umsiedlung der armenischen Staatsbürger im Osmanischen Reich erinnern. Laut Angaben des US-amerikanischen Historikers Justin McCarthy sind hingegen in Anatolien nahezu drei Millionen Muslime, die Mehrheit davon Türken, ums Leben gekommen. Allein in der osttürkischen Stadt Van wurden zwei Drittel der muslimischen Bevölkerung durch russische Soldaten und armenische Freischärler ermordet. Russland hatte sich im Ersten Weltkrieg zum Schutzpatron der Armenier erklärt und die „Millet-i Sadıka“ („das treue Volk“), wie die Armenier im Osmanischen Reich liebevoll bezeichnet wurden, gegen die Hohe Pforte aufgewiegelt und missbraucht.
„Mahnmal-Lobby“ versucht es immer wieder
Der Deutsche Bundestag hatte die Ereignisse im Ersten Weltkrieg 2016 als „Genozid“ bezeichnet. Auch in Köln wurde damals heiß debattiert. Eine Gruppe aus bekannten Persönlichkeiten und Teilen der armenischen Vereine wollte auf dem Brücker Friedhof ein Denkmal errichten. Allerdings hatte die „Initiativplattform der türkischen Vereine und Verbände in Köln und Umgebung“, ein Dachverband, der über 50 türkische zivilgesellschaftliche Organisationen vertritt, damals in einem Schreiben an die Ratsmitglieder der Stadt Köln den Begriff des „Völkermords“ angezweifelt und mit Hinweis auf den öffentlichen Frieden gefordert, das Projekt nicht weiter zu verfolgen. Danach hatte die sogenannte „Mahnmal-Initiative“ eine andere Idee auf die Tagesordnung gebracht und das „Mahnmal“ 2018 direkt am Rhein, auf dem Heinrich-Böll-Platz an der Hohenzollernbrücke, aufgestellt. Die Skulptur mit der Inschrift „Dieser Schmerz betrifft uns alle“ ist dort in armenischer, türkischer, deutscher und englischer Sprache zu lesen. Bei den traurigen Vorfällen gab es keine Gewinner, sondern nur Verlierer.
Gerichtsbeschluss gegen das „Mahnmal“
Aber auch 2018 wurde das „Mahnmal“ durch das engagierte Vorgehen der „Initiativplattform der türkischen Vereine und Verbände in Köln und Umgebung“ durch die Stadt Köln entfernt. Es gab nämlich keine Genehmigung, das sogenannte Denkmal aufzustellen. Eine einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts Köln, das dem Autor vorliegt, untersagte es der Stadt Köln und damit gleichzeitig auch der „Mahnmal-Lobby“, die Skulptur weiterhin öffentlich zur Schau zu stellen (Az.: 18 L 906/18). Das Gericht sah eine Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs und formulierte außerdem: „Ungeachtet der Frage, ob das Aufstellen eines Mahnmals mit einer Verankerung im Boden auch einer baurechtlichen Genehmigung bedarf, fehlt es hier jedenfalls an einer erforderlichen Sondernutzungserlaubnis. Denn beim Heinrich-Böll-Platz handelt es sich um eine öffentlich gewidmete Fläche und das Aufstellen eines Mahnmals ist als Benutzung der Straße über den Gemeingebrauch hinaus und damit als Sondernutzung i. S. d. § 18 StrWG NRW zu qualifizieren. Der Antragsteller hat unstreitig keine Sondernutzungserlaubnis und er hat auch keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis. Die Erteilung der Erlaubnis steht nach § 18 Abs. 1 StrWG NRW im Ermessen der Antragsgegnerin.“ Das Aufstellen des „Denkmals“ sei auch nicht durch die Meinungsfreiheit geschützt, so das Verwaltungsgericht in seiner Urteilsbegründung: „Denn die Meinungsfreiheit schützt nicht zugleich das Recht, an beliebigen Stellen Gegenstände im öffentlichen Straßenraum verankern zu dürfen.“
Stadt entfernte die Skulptur
Aufgrund des Gerichtsbeschlusses ließ die Stadt das „Denkmal“ schnell wieder entfernen. Seitdem wurde eine mobile Skulptur einmal im Jahr zum 24. April installiert und anschließend wieder abgebaut. Allerdings sieht es dieses Jahr anders aus. Die Skulptur steht noch immer auf der Hohenzollernbrücke und soll vorerst nicht wieder abgebaut werden. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet, habe das Verwaltungsgericht Köln die Stadt angewiesen, die Skulptur bis zu einer gerichtlichen Entscheidung zu tolerieren. Die Stadt Köln habe daraufhin das Ordnungsamt angewiesen, das Denkmal vorläufig zu dulden.
Brief an die Oberbürgermeisterin
Nun geht die Initiativplattform der türkischen Vereine erneut gegen das Aufstellen des „Mahnmals“ auf einem öffentlichen Ort vor. Ein Anwalt ist eingeschaltet. In einem Brief an die Oberbürgermeisterin sowie einer Pressemitteilung des Dachverbands, die ebenfalls dem Autor vorliegen, ist von einem „rechtswidrigen Zustand“ die Rede. Die Stadt Köln wird dabei aufgefordert, diesen Zustand „unverzüglich zu beseitigen“. Denn es gelte stets, Unruhen und Provokationen zu verhindern. Die türkische Gemeinde in Köln spricht von einer „politischen Instrumentalisierung“ und einem „Affront“, der sich gegen das friedliche Zusammenleben in Köln richte. Durch derartige Aktionen werde man als türkische Gemeinde geradezu ermuntert, ebenfalls an belebten und zentralen Orten der Stadt Mahnmale zu errichten.
Versöhnung zwischen Türken und Armeniern sollte das Ziel sein
Die abwartende Vorgehensweise der Stadt wirft für die türkische Gemeinde in Köln Fragen auf. Denn solche einseitigen und rechtswidrigen Aktionen stehen sowohl der Völkerverständigung als auch einem Dialog diametral entgegen. Genau dies ist es aber, was die türkischen und armenischen Gemeinden benötigen: Dialog und Verständigung für eine nachhaltige Versöhnung und dauerhaften Frieden.