Nahost-Konflikt: Eine Politik, die Frieden verhindert
Nach der erneuten Eskalation der Gewalt im Gazastreifen mehren sich die Stimmen, die ein konsequentes Vorgehen gegen die selbstherrliche Politik der Besatzungsmacht Israel fordern. Aber auch die Provokationen jüdischer Siedler müssen ein Ende haben.
8. August 2022: Palästinensische Frauen bei der Beerdigung von Opfern israelischer Luftangriffe (AA)

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan äußerte sich auf der 13. Botschafterkonferenz in Ankara zu den jüngsten Angriffen Israels auf palästinensische Ziele. Dabei verurteilte Erdoğan die Tötung von Kindern und Babys durch israelische Raketen scharf und zeigte sich solidarisch mit den unterdrückten Menschen in Gaza. Auf der Diplomatenkonferenz wies der türkische Präsident darauf hin, dass Türkiye seine wiederbelebten Beziehungen zu Israel auch dafür nutze, um die Gerechtigkeit und das Recht „unserer palästinensischen Brüder sowie die Interessen unseres Landes zu wahren“.

Türkiye setzt sich für Zwei-Staaten-Lösung und Frieden ein

„Wir nutzen unsere Sensibilität in der Statusfrage um Jerusalem für eine Zwei-Staaten-Lösung. Wir messen der Sicherheit und dem Frieden in Palästina größte Bedeutung bei und teilen dies mit der israelischen Regierung auf höchster Ebene. Wir sagen ganz offen: Unsere erste Qibla (Gebetsrichtung), die Al-Aqsa-Moschee, ist unsere rote Linie“, unterstrich Erdoğan. In den letzten Tagen habe die türkische Regierung eine eindeutige Haltung gegenüber den Angriffen der israelischen Sicherheitskräfte auf Gaza und Zivilisten im Gazastreifen bezogen. „Es gibt keine Entschuldigung dafür, Kinder und Babys in der Wiege zu töten. Türkiye steht dem palästinensischen Volk und seinen Brüdern im Gazastreifen zur Seite.“

Türkisches Außenministerium und Jordanien kritisieren Vorgehen Israels

Das türkische Außenministerium hatte zuvor die Luftangriffe Israels auf den Gazastreifen scharf verurteilt und die Parteien zur Deeskalation aufgerufen. Auch Jordanien kritisierte Israel für sein Verhalten auf dem Tempelberg. In einer Erklärung bezeichnete das Außenministerium den Besuch der heiligen Stätten durch Israelis, darunter eines Parlamentsabgeordneten, als Provokation und Verletzung des historischen und rechtlichen Status quo. Medienberichten zufolge hatten am Sonntagmorgen hunderte Juden zum Gedenk- und Trauertag „Tischa beAv” den Tempelberg in der Jerusalemer Altstadt besucht und sich dabei provokant verhalten.

Sicherheitswarnungen der deutschen Botschaft und des Auswärtigen Amts

Die deutsche Botschaft in Israel sowie das Auswärtige Amt (AA) warnten unterdessen vor einer weiteren Eskalation, die sich auch auf die anderen durch Israel besetzten palästinensischen Gebiete ausdehnen könne. Es werde dringend von Reisen in das Westjordanland abgeraten, hieß es in einer Sicherheitswarnung. Auch in der Altstadt von Jerusalem könnten Konflikte zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften nicht ausgeschlossen werden.

Lateinischer Patriarch von Jerusalem: Israel führt seit über 70 Jahren Krieg

Der einflussreiche Alt-Patriarch von Jerusalem, Michel Sabbah, warf indessen Israel Kriegstreiberei vor. Zugleich rief der emeritierte Lateinische Patriarch die Kriegspartei Israel zu Frieden mit den Palästinensern auf. Dabei scheute er auch nicht vor Kritik zurück: „Es ist Zeit für Israel, einen Krieg zu beenden, den es vor mehr als siebzig Jahren begonnen hat”, ließ er über die sozialen Medien verkünden. Der Krieg in Gaza bedeute, dass es weitere Kriege geben werde. „Israel sollte seine Berechnungen überdenken”, so der Alt-Patriarch. Der christliche Würdenträger erklärte zudem: „Israel hat gewonnen und verloren. Es verliert immer noch. Der Gewinner ist derjenige, der Frieden, Gerechtigkeit und Menschlichkeit verdient. Nichts davon wurde bisher erreicht.” Israel stehe dem palästinensischen Volk gegenüber, das auf seinem eigenen Land lebe und von Israel und der Welt verlange, ihm seine Freiheit zurückzugeben. Die Stimme der Palästinenser und der Ruf nach Gerechtigkeit und Freiheit dürften nicht länger ignoriert werden, so Sabbah. Der Geistliche warnte vor einer Zuspitzung der Gewalt, welche die „Region im Griff des Todes“ halte.

16 Kinder, darunter auch Babys, durch Israel getötet

Bei den israelischen Bombardierungen wurden nach palästinensischen Angaben seit letzter Woche mindestens 48 Menschen getötet, darunter 17 Kinder und vier Frauen. Die Zahl der Verletzten liege bei 360. Auf israelischer Seite wurden zwei Soldaten und rund 40 Zivilisten leicht verletzt. Seit über einer Woche herrscht eine Waffenruhe, die durch die Vermittlung Ägyptens erzielt wurde und weitestgehend eingehalten wird.

Weil Israel keinerlei Konsequenzen fürchtet, verhält es sich so selbstherrlich

In der Tat handelt es sich bei dem Besuch der israelischen Siedler, Politiker und anderer Provokateure aus Israel auf dem Tempelberg in Jerusalem um einen kalkulierten Affront. In der Vergangenheit hatten jüdische Radikale diese Maßnahme zur Eskalation mit den Palästinensern genutzt, Muslime auf der ganzen Welt brüskiert und gewaltsame Unruhen entfacht. Für das gewalttätige Vorgehen und den Vandalismus seiner Bürger muss Israel vor internationalen Gerichten zur Verantwortung gezogen werden. Die Besatzungsmacht missachtet Recht und Gesetz, benimmt sich selbstherrlich und aggressiv gegenüber den unterdrückten Menschen in den besetzen Gebieten. Die internationale Gemeinschaft missachtet konsequent die Kriegsverbrechen Israels, das Töten von Zivilisten, Kindern und Babys. Seit vielen Jahren herrscht in den besetzten palästinensischen Ortschaften das Recht des Stärkeren. Wie lange soll dieser Zustand noch weitergehen? Wo wird dieses Verhalten noch hinführen? Vor allem: Wie soll unter diesen Umständen nur Frieden in der Region entwachsen? Um nicht falsch verstanden zu werden: Es geht hier nicht um Israel-Bashing oder um Judenfeindlichkeit, sondern um die Kritik an einer Politik, die Frieden verhindert und Menschenrechte verletzt.

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