Keine NATO-Mitgliedschaft ohne Einverständnis der Türkei
Aus Angst, das gleiche Schicksal wie die Ukraine zu erleiden, wollen Finnland und Schweden nun doch der NATO beitreten. Doch dafür müssen sie zunächst die Sicherheitsbedenken der Türkei aus dem Weg räumen. Ansonsten ist ein Veto unabwendbar.
Türkei stimmt Teilnahme Österreichs an NATO-Kooperation zu (DPA)

Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine sowie die damit einhergehenden Sicherheitsbedenken veranlassten Finnland und Schweden, ihre distanzierte Haltung gegenüber der NATO schnell aufzugeben. Damit ein Staat der NATO beitreten kann, ist jedoch die Zustimmung aller Mitgliedstaaten erforderlich. Die Türkei, die eine der stärksten Armeen in der NATO stellt, spricht sich derzeit aus Gründen der eigenen nationalen Sicherheit gegen die Mitgliedschaft Finnlands und Schwedens aus. Grundlage der von der Türkei vorgebrachten Sicherheitsbedenken sind die Unterstützung Finnlands und Schwedens für terroristische Organisationen wie PKK bzw. FETÖ und ebenso die Gleichgültigkeit einiger NATO-Mitglieder bei Sicherheitsbedenken der Türkei.

Tatsächlich ist die Türkei seit nunmehr 70 Jahren Mitglied der NATO, hat deren Erweiterung immer unterstützt und sich selbiger nie in den Weg gestellt. Die von Finnland und Schweden verursachten Probleme für die Sicherheit des Landes erlauben es der Türkei diesmal jedoch nicht, der Mitgliedschaft dieser Länder zum jetzigen Zeitpunkt zuzustimmen. Dementsprechend müssen die NATO und die jetzigen Mitgliedstaaten die Sicherheitsbedenken der Türkei ausräumen, damit die Türkei den Weg für die Mitgliedschaft Schwedens und Finnlands freimachen kann.

Als wichtige Ausgleichsmacht gegen die Expansionspolitik Russlands hat die Türkei insbesondere in Libyen, Syrien und Karabach schon keine Unterstützung seitens der NATO genossen. Und als sich die meisten europäischen Länder nach Konfliktbeginn im Februar noch weigerten, die Ukraine mit Waffen zu versorgen, vorgeblich um Russland nicht zu provozieren, war die Türkei mit den ausgelieferten TB2-Bayraktar-Drohnen das NATO-Mitgliedsland, welches den größten Beitrag zur nationalen Sicherheit der Ukraine leistete. Im Lichte dieser Entwicklungen ist es der Türkei als Staat, der derzeit einen der größten Beiträge zur NATO leistet, nicht möglich, der Mitgliedschaft Finnlands und Schwedens zuzustimmen, es sei denn, es werden konkrete Schritte in Fragen der Sicherheit der Türkei in Angriff genommen.

Sicherheit im Ostseeraum

Finnland ist bekanntlich eines der europäischen Länder mit langer Landesgrenze zu Russland. Ebenso hat Russland geografisch über die Region zwischen Finnland und Estland, also über Kaliningrad, Zugang zur Ostsee. Aus diesem Grund stellt Russland aufgrund dieser geopolitischen Besonderheit eine äußerst wichtige Sicherheitsproblematik für die baltischen Staaten dar.

Aufgrund der möglichen Einengung Russlands an der Nordflanke der NATO und der dann möglichen Ausbalancierung Russlands im Ostseeraum steht die NATO den Beitrittsanträgen Schwedens und Finnlands grundsätzlich positiv gegenüber. Andererseits muss in einem kollektiven Verteidigungsbündnis die Sicherheit aller Mitgliedstaaten gewährleistet werden. Dabei die Sicherheitsbedenken der Türkei zu ignorieren, ist für diese nicht akzeptabel.

Sicherheitsbedenken der Türkei

Bekanntlich kämpft die Türkei seit vielen Jahren gegen terroristische Organisationen wie PKK und FETÖ. In diesem Zusammenhang fielen tausende türkische Staatsbürger Anschlägen der Terrororganisation PKK zum Opfer. Und dem Putschversuch von FETÖ am 15. Juli 2016 fielen 251 türkische Staatsbürger zum Opfer, außerdem wurden 2.734 schwer verletzt. Der nunmehr seit mehr als 40 Jahren währende Kampf der Türkei gegen den Terrorismus hat große moralische und ebenso auch gigantische materielle Kosten verursacht. Aus diesem Grund ist der Kampf gegen den Terrorismus eine der roten Linien im Selbstverständnis der Türkei.

Zu Recht erwartet die Türkei von den übrigen NATO-Mitgliedstaaten im Sinne eines kollektiven Verteidigungsbündnisses Zusammenarbeit und Solidarität im Kampf gegen den Terrorismus. Diese Unterstützung von NATO-Mitgliedern fehlt aber bei ihrem Kampf gegen PKK und FETÖ, ganz im Gegenteil gewähren einige NATO-Mitglieder PKK und FETÖ sogar Unterstützung. Konkretes Indiz dafür sind die Waffenlieferungen von NATO-Mitgliedern an die PYD, den syrischen Ableger der PKK.

In ähnlicher Weise leisten auch Finnland und Schweden ernsthafte Unterstützung für PKK bzw. FETÖ. Diese Terrororganisationen, die Aktivitäten gegen die nationale Existenz und Integrität der Türkei durchführen, haben in diesen Ländern bedeutende Strukturen aufgebaut. Während die Türkei schon jetzt im Kampf gegen den Terrorismus Probleme mit den derzeitigen NATO-Staaten hat, sollen jetzt auch noch Finnland und Schweden, die Terrororganisationen wie PKK und FETÖ tatkräftig unterstützen, in die NATO aufgenommen werden.

PKK und FETÖ in Schweden und Finnland

PKK und auch FETÖ haben in Schweden und Finnland bedeutende Strukturen aufgebaut. Fast sind die beiden Länder schon eine Art Stützpunkt für die Aktivitäten der Terrororganisationen. Es ist bekannt, dass Finnland und Schweden sowohl PKK als auch FETÖ direkte finanzielle, militärische und politische Hilfe gewähren. So verabschiedeten Finnland und Schweden wegen der von der Türkei gegen die PYD, den syrischen Ableger der PKK, 2019 durchgeführten Militäroperation Exporteinschränkungen und Waffenembargos gegen die Türkei.

Auch wurden AT-4-Panzerabwehrwaffen schwedischer Herkunft bei Militäraktionen gegen die PKK im Nordirak sichergestellt. Dabei gilt es als erwiesen, dass diese Waffen von Schweden an die YPG in Syrien geliefert wurden und, wie man sieht, in die Hände der PKK im Irak gelangt sind.

Ebenso ist bekannt, dass geflohene FETÖ-Mitglieder unter dem Deckmantel von NGOs und Medieneinrichtungen ihre terroristischen Aktivitäten sehr rege in Finnland und Schweden fortsetzen und unbehelligt Unternehmen gründen können. In diesem Zusammenhang hatte die Türkei kürzlich die Auslieferung von 12 Terroristen aus Finnland gefordert, von denen 6 der PKK und 6 dem FETÖ angehörten, sowie die Auslieferung von 21 Terroristen aus Schweden, von denen 11 der PKK und 10 dem FETÖ zugeschrieben wurden. Diese Forderungen wurden jedoch von den finnischen und schwedischen Behörden abgelehnt und die Terroristen entsprechend nicht ausgeliefert.

Diese Beispiele verdeutlichen die feindselige Haltung Finnlands und Schwedens gegenüber der Türkei. Dabei lässt sich die praktizierte Politik dieser beiden Länder gegenüber der Türkei wie folgt zusammenfassen: „Mein Feind ist dein Feind, aber dein Feind ist nicht mein Feind“. Es ist klar, dass eine solche Politik von Staaten, die der NATO beitreten wollen und dafür die Zustimmung der Türkei brauchen, nicht zweckdienlich ist.

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